Ein Knopf kommt selten allein… Teil 29

Ein Knopf kommt selten allein… Teil 29

OLYMPUS DIGITAL CAMERATommi nahm lächelnd das Halsbonbon entgegen und blickte verschämt wieder auf die rätselhaften Zeilen. Er spürte wie die Schamesröte in ihm aufzusteigen drohte, also las er weiter in der Gewissheit, was nun kommen würde:

‘Ich bemühte nicht herablassend zu klingen: ‘Ich muss zugeben, mir war nicht ganz klar, was Ihr gestern mit der Metapher gemeint habt, als Ihr sagtet, ich solle von meinem hohen Ross runter steigen.’

Nun zog er doch tatsächlich eine Augenbraue hoch und sprach dann eingestehend: ‘Ihr müsst mich nicht Ihren und Euchen!’ Was er sich immer erlaubt, wenn wir alleine sind. Nur weil ich gestern Nacht meine nackte Hand in seiner Hose hatte, kann ich ihn doch jetzt nicht anreden, wie es das gemeine Volk miteinander tut. Auch wenn mir seine gewöhnliche Art doch sehr gefiel, muss man die Kirche schon im Dorf lassen. Ich bin die Freifrau und er ist der Stallknecht, also rief ich einigermaßen echauffiert: ‘Ja, aber Duzen kann ich Euch auch nicht, ich duze nicht mal meinen Ehemann!’

Ich konnte ihm richtig ansehen, wie sehr es ihn kränkte, wenn ich so mit ihm umsprang. Er blickte mich nicht an als er weiter sprach: ‘Dann redet wenigstens nicht in der Dritten Person mit mir, wenn ich daneben stehe!’

Folgendes hätte ich nicht sagen sollen, doch ich wollte ehrlich sein mit ihm: ‘Wenn niemand anders daneben steht, kann ich das versuchen, aber versprechen kann ich es nicht, muss ich doch zugeben, dass es mir sehr gefällt Euch zu reizen. Ihr windet Euch dann immer wie ein Aal in meinen Händen, wenn ich so mit Euch spreche, vor allem wenn mir unziemliche Worte aus dem Munde stolpern.’ Er setzte schon an mir etwas an den Kopf werfen zu wollen und es wäre bestimmt nichts Nettes geworden, deshalb drückte ich nun wirklich seine Hand gegen meine Brust und legte meine Andere über seinen Mund, bevor ich fortfuhr: ‘Doch weiß ich wohl, dass ich Euch nicht so behandeln sollte, weil uns seit gestern nicht nur ein Geheimnis verbindet. Und das Vertrauen was ich von Euch gefordert habe, will ich Euch nun auch entgegenbringen, auch wenn es mit einem weinenden Auge sein wird, streite ich mich doch gerne mit Euch, weil Ihr immer etwas entgegenzusetzen wisst, ohne mir jedoch zu Nahe zu treten. Und doch nehmt ihr Euch Dinge heraus, die sich sonst niemand hier getrauen würde. Auch wenn mir völlig bewusst ist, wenn irgendjemand nur eine winzig kleine Kleinigkeit von dem belauschen würde, was wir hier tun und wie wir miteinander reden, würde der Zorn meines Mannes gnadenlos gegenüber uns beiden sein. Auch wenn die Leibeigenschaft schon seit Jahren Geschichte ist und Ihr in Lohn und Brot im Dienst meines Mannes steht, ist er doch ein altmodischer und jähzorniger Mann. Und auch wenn ich vollen Gewissens in dieses Adelsgeschlecht eingeheiratet habe, machen mir gerade die Förmlichkeiten selbst zu schaffen. Verzeiht Ihr mir meine streitlustige Laune?’

Mit einer geschmeidigen Bewegung befreite er sein Gesicht von meiner Hand und dann küsste er mich. Einfach so und auf den Mund. Meine Sinne schwanden mir und ich fühlte wie ich den Boden unter den Füßen verlor, obwohl ich immer noch auf der Decke unter dem Baume saß. Und weil ich nicht wusste wie mir geschah, war es mir auch unmöglich mich zur Wehr zu setzen. Und als seine Lippen sich von den Meinen trennten, war ich fast ein Wenig enttäuscht, dass er mich nur so kurz geküsst hatte. In dem Moment, als ich die Augen öffnete, blickte er verschämt zur Seite und als ich seine roten Wangen erblickte, war es auch um mich geschehen. Ich erkannte wie seine harte Schale vollends zerbrach und plötzlich hatte ich wieder den Stalljungen vor mir, der nervös an seiner Hemdskordel spielte und sich nicht getraute mir in die Augen zu blicken. Ich musste ihn einfach küssen und wenn ich dafür in der Hölle schmoren würde.

Als unsere Lippen sich erneut berührten, fühlte ich mich, als würde mein Innerstes in Flammen aufgehen und nur seine Lippen vermochten dies Feuer zu löschen und gleichermaßen wieder anzufachen. Immer und immer wieder.

Der Gedanke an die Unendlichkeit dieses Moments werde ich nie vergessen und so zehre ich immer noch von diesem Kuss, auch wenn er schon seit Stunden vergangen war, so brennen meine Lippen immer noch von diesem Kuss, jetzt wo ich diese Zeilen schreibe.

Ich spüre den Wind, der vom offenen Fenster herrührte, doch er schien heute nicht zu kommen, also schließe ich für heute mein Tagebuch, in der Hoffnung, dass meine Träume genauso so atemberaubend werden würden, wie es dieser eine Kuss gewesen war. ’

Tommi ließ das Buch sinken und alle am Tisch starrten ihn an. Es dauerte eine Weile, bis Herr Immerlinger zu erst etwas sagte. ‘Dieses Knopfzitat sollten wir ganz groß über den Eingang des Museums schreiben!’

‘Da wird der Pfarrer aber nicht gerade begeistert sein!’ mahnte Frau Immerlinger, doch ihre roten Wangen verrieten, wie sehr ihr die historische Romanze gefiel.

‘Ich bin auf jeden Fall der Meinung, dass wir die Tagebücher der holden Gwendoline veröffentlichen sollten, auch wenn sie vielleicht gar nicht von ihr sind!’ meinte Dr. Dalek.

‘Das sollten wir beim nächsten Stiftungsrat auf die Tagesordnung schreiben.’ bemerkte Frau Immerlinger.

‘In der Hoffnung das die Frau von Waldbuch davon nicht Wind bekommt.’ warf Herr Immerlinger ein.

‘Vielleicht sollten wir erstmal rausfinden, wer das Buch nun wirklich geschrieben hat.’ meinte Tommi.

‘Ja und unseren Anwalt sollten wir vielleicht auch mal Fragen, ob es da Probleme mit dem Recht gibt.’ rief Sonja.

‘Und wenn das alles geklärt ist, könnten wir das doch als Theaterprojekt ins Auge fassen, Hermine?’ fragte Jonas.

‘Ja, aber nur wenn Tommi den Stallknecht spielt.’ grinste Hermine und stupste ihn an.

Er schüttelte nur hilflos den Kopf.

Fortsetzung folgt…

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