Alpenroadmovie 16
Cagliari, Sardinien
Sonntag, 19.08.12, 06.40 Uhr (Sonnenaufgang)
Sie fuhren in einem Affenzahn zum Fährhafen. Farid saß auf dem Rücksitz und blickte nervös nach hinten. Nach der spektakulären Flucht, hatten sie Enzo aus dem Kofferraum gelassen und er bestand drauf zu fahren. Farid war deswegen ganz schön eingeschnappt, hatte sich aber dann mürrisch auf der Rückbank gesetzt, seinen Kaftan und seinen Pali unterm Shirt hervorgezogen und ihn drüber gezogen. Er hatte den gehörnten Ehemann wirklich sehr überzeugend gespielt, nur sein italienisch war grausam.
Ein Junge mit einer Sonnenbrille auf der Nase und einer Zigarette im Mundwinkel stand am Straßenrand, streckte den Daumen raus und blickte sie an. Enzo fuhr ihn fast über den Haufen, als er eine Vollbremsung machte.
‚Giovanni? Mama Mia!‘ rief er aus dem offenen Fenster. ‚Steig ein, du Taugenichts!‘
‚Wer ist das? Und bist du von allen guten Geistern verlassen?‘ schrie Farid, zog die Waffe und blickte wieder nach hinten. ‚Dir ist schon klar, dass wir verfolgt werden?‘
‚Soll ich meinen Neffen überfahren?‘ schrie Enzo und gestikulierte wild.
Giovanni warf die Zigarette weg und sprang in den Wagen und blickte in zwei erschrockene Gesichter. Enzo fuhr weiter.
‚Ihr nehmt es mit der Familie viel ernster als wir, Sahib.‘ schimpfte Farid.
‚Die Nonna schickt mich die Blumen abzuholen, oder so!‘ rief Giovanni blickte Farid an, der immer noch mit seiner Waffe herum fuchtelte.
‚Und da schickt sie dich?‘ schrie Enzo, der gerade um eine Kurve fuhr.
‚Wieso, ich bin unauffällig, jeder der mich sieht, unterschätzt mich und ich schieße besser als die Nonna.‘
‚Du hast ne Knarre dabei?‘ schrie Enzo und verzog das Lenkrad so, dass sie beinahe gegen den Randstein gefahren wären.
‚Ich hab die Luger vom Eisernen bekommen!‘ meinte Giovanni stolz.
‚Du bist erst 16 und er war immerhin dein Urgroßvater, also nenn ihn nicht den Eisernen!‘ rief Enzo. Seine Stimme wirkte leicht hysterisch.
‚Menno, ich bin 17, Onkel Enzo, du hast mir ein IPhone geschenkt.‘
Enzo räusperte sich und stotterte dann: ‚Du bist zu jung!‘
‚Ihr seids damals auch net zu jung gewesen!‘ meinte Giovanni und verschränkte die Arme vor der Brust.
‚Der Don und dein Vater wollen uns genauso aus dem Weg haben, wie die Münchner!‘ rief Enzo verzweifelt. ‚Ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen kann!‘
‚Schau ich so aus, als würde ich wert drauf legen, was mein Vater denkt. Willst du mich beleidigen? Seit 17 Jahren schaue ich in das traurige Gesicht meiner Mutter und wenn er alle Jubeljahre mal wieder heim gekommen ist, dann hatten wir neun Monate später einen neuen Bastard mehr zum Durchfüttern.‘ schrie Giovanni und funkelte Enzo wütend an, der allerdings immer noch nach vorne blickte.
‚Ich bin Blume!‘ meinte Blume, streckte Giovanni die Hand nach Hinten und lächelte.
‚Ich will eure Familienzusammenkunft nur ungern unterbrechen. Wir treffen die Barkasse 20 Minuten nach dem Auslaufen. Enzo fahr irgendwo ran, wo wir dich und die Ayana in den Kofferraum stecken können.‘
Er fuhr in eine Einfahrt und parkte den Wagen hinter einen Busch. Farid und Enzo sprangen aus dem Wagen und zogen mit einem Ruck den Lack vom Wagen. Jetzt war der Wagen, bis auf ein Paar Einschusslöcher strahlend weiß.
‚Pepe ist ein Genie!‘ meinte Enzo zu Farid, beide fummelten noch die restlichen roten Fetzen vom Lack.
‚Die Nonna hat mir auf Anraten von Onkel Pepe französische Pässe mitgegeben!‘ meinte Giovanni und gab dem Einen Blume und Anderen behielt er und fuhr fort: ‚Wir sind jetzt Fleur und Pascal Pagnot, Geschwister!‘
‚Jetzt versteh ich auch das hier!‘ meinte Enzo und klappte die Nummernschilder um.
‚Ist ja wie bei James Bond!‘ meinte Blume ganz aufgeregt.
‚Wie kann man sich als Franzose nur ein italienisches Auto kaufen?‘ meinte Giovanni mit einem französischen Dialekt.
‚Damit man die ganze Zeit drüber herziehen kann.‘ lächelte Blume.
‚Memsahib, ich brauch Ihr Kleid, die Sonnenbrille und den Schal.‘ meinte Farid.
‚Bitte was?‘
Er zog sich aus, steckte seine Knarre in seine Unterhose und hielt ihr den Kaftan und seinen Pali hin. ‚Ich hab mir extra die Beine und die Brust rasiert. Das juckt schlimmer, als von einer Horde Sandflöhe gebissen zu werden.‘
Sie schüttelte nur den Kopf und zog ihr Kleid aus. Farid drehte sich anstandshalber um und blickte in den Himmel.
‚Raihaanah, ich habe seit 8 Jahren keine nackte Frau mehr gesehen, Allah! Und dann schickst du mir eine wunderschöne Blume mit alabasterweißer Haut. Bestraf nur deinen treuesten Diener, bin ich nicht oft genug in der Moschee gewesen? Allah, was hab ich nur verbrochen…!‘ während er lamentierte, kniete er sich ehrfürchtig auf den Boden und begann zu beten. Enzo schüttelte nur den Kopf und half ihr beim Anziehen. Farid war bereits wieder aufgestanden und schlüpfte in ihr Kleid und hielt ihr seine Sonnenbrille hin. Alle blickten auf die Schuhe.
‚Nein nicht meine Schuhe, die habe ich erst seit 5 Tagen!‘ rief sie empört.
‚Wir kaufen dir Neue!‘ meinte Giovanni.
‚Aber die sind perfekt!‘ jammerte Blume.
‚Memsahib Ayana, ich werde sie in Ehren tragen.‘
Missmutig zog sie die Schuhe aus und übergab sie Farid. ‚Das Einzige was ich nie vergessen werde, ist der Geruch von Frauenfüßen, Zaahirah!‘
Er roch daran, verdrehte stöhnend die Augen und zog sie liebevoll an. Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck zog sie seine Schuhe an.
Enzo machte sich am Kofferraum zu schaffen, packte seinen neuen wasserdichten Ortlieb- Sack, in dem er schon seine ganzen Sachen verstaut hatte, in den Kofferraum und kletterte dazu. Er hielt Blume seine Hand hin.
‚Was machen wir, wenn wir den Kofferraum aufmachen müssen?‘ fragte Giovanni.
‚Der hat eine doppelte Kofferraumklappe, Pepe ist der Hammer!‘ meinte Enzo und winkte ihn zu sich.
‚Ah, ich versteh schon!‘ meinte Giovanni und Blume musste unweigerlich an Alfons denken. Sie waren sich doch erschreckender Weise sehr ähnlich.
Etwas ängstlich stieg sie zu Enzo in den Kofferraum und legte sich zu ihm. Unter ihnen war ein dichtes Netz in den Kofferraumboden gehängt worden und über ihnen schloss Giovanni lächelnd die Klappe. Dann legten sie noch ein paar Dinge in den Kofferraum.
‚Du brauchst keine Angst zu haben, kleine Blume!‘ wisperte er ihr zu.
‚Wenn ich aber doch Angst habe?‘ wimmerte sie in sein Ohr.
‚Hier ist der sicherste Ort im Moment. Pepe hat das hier…!‘ Er klopft an die Verkleidung vom Kofferraum. ‚…aus einem alten Panzer ausgebaut. Die ist quasi kugelsicher.‘
Im Auto redeten währenddessen Giovanni und Farid miteinander.
‚Mit 17 hatte ich schon meine 3. Frau geheiratet.‘
‚Hey Farid, kommen Sie mir nicht auch noch damit!‘
‚Allah, warum treffe ich immer ins Schwarze und die Menschen sind dann immer sauer wie Ziegenurin.‘
‚Farid, ich soll Ihnen von der Nonna ausrichten, dass Sie Ihren Sohn wohlbehalten wieder haben möchte. Zu Weihnachten, aller spätestens zu Ostern!‘
‚Dummes Kind, ich kenne mich mit Euren Feiertagen nicht aus.‘ rief Farid aufgebracht.
‚Sie sagt, ich zitiere: Wenn Enzo nächstes Jahr nicht wieder wohlbehalten in unserer Mitte weilt, schicke ich diesem stinkenden Bock einer räudigen Ziege pünktlich zum Ramadan eine Cruise Missile in sein Camp.‘
‚Hat deine Großmutter denn eine Cruise Missile?‘
‚Ja die, die Ihr uns letztes Jahr verkauft habt!‘
Ein ersticktes ‚Allah!‘ kam aus seinem Mund.
‚Richte deiner Großmutter aus, dass ich mich persönlich dafür verbürge, dass mein Freund Enzo, lebend und vollständig, nächstes Jahr wieder zu Ihr zurück kommt.‘
‚Danke!‘ meinte Giovanni. ‚Bitte lächeln!‘ Er hatte das Gespräch mit seinem Telefon aufgenommen und machte nun eine Foto von Farid.
‚Wenn dieses Foto in falsche Hände kommt, dann bin ich ein 8 fach geschiedener Mann!‘
‚Das hättet Ihr Euch vorher überlegen müssen, bevor Ihr die Frauenklamotten anzieht und euch die Beine rasiert.‘
‚So spricht man nicht mit einer Dame, Kind!‘ unterbrach ihn Farid unwirsch.
Fortsetzung folgt in Manchmal kommt es anders…Killer 13! Es lohnt sich!
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