Drei und eine Axt – Teil 28

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 28

reiter_neu‚Ich bin als Sippenführer zu nicht zu gebrauchen.‘ meinte Halef, während Lamina ihn wusch.

‚Ach red doch keinen Unsinn!‘ rief Lamina.

‚Wie lange lieg ich schon im Bett und kann nicht helfen? Der Winter wird kommen!‘

‚Mach dir keine Gedanken, Ainur arbeitet für drei.‘

‚Ich müsste für drei arbeiten!‘

Ainur kam herein und rief: ‚Dazu hast du bald Gelegenheit.‘

Er kam ans Bett und blickte Lamina an.

‚Er hat schlechte Laune.‘ meinte sie, deckte ihn liebevoll zu und stand auf.

‚Ich werd deine Laune nicht verbessern können, ich muss gehen. Der Winter naht unablässig.‘ meinte Ainur ernst.

‚Ich weiß, Mutter hat es mir gesagt, oben bei den Ahnen schon!‘ meinte Halef und blickte Lamina hinterher, die gerade aus der Jurte schlich.

‚Mein Sippenführer, ich reite schnell und komme wieder und im Frühjahr bauen wir eine Brücke.‘

‚Bevor du gehst, müsstest du mich noch zum Donnerbalken bringen!‘

‚Sofort?‘

‚Nachher.‘

Einen Tag bleibe ich noch!‘

‚Ich möchte, dass du ein zweites Pferd mitnimmst.‘

‚Mein Dank ist Dein!‘

‚Und ich möchte dass du Róka mitnimmst. Damit du den Weg nach Hause findest.‘

‚Ich bringe dir deinen Hund heil zurück.

‚Und ich werde auf meine Mutter acht geben!‘

Vira stand in der Tür und zog eine Augenbraue hoch. Halef blickte auf.

‚Nimm mein Pferd!‘ meinte sie kurz, drehte sich um und ging. Ainur stürzte ihr hinterher.

Später kam Ainur mit Ziska zu ihm und sie flößten ihm etwas Grausames ein und dann brachte Ainur ihn zum Abort. Es war ihm sehr peinlich, dass er mit quasi runtergelassenen Hosen von seiner Tante auf den Abort gesetzt wurde. Sie drückte ihm einen Becher in die Hand und grinste: ‚Wenn du noch einen Becher trinkst, dann lassen wir dich einen Moment in Ruhe!‘

Er erwachte und sah Lamina an der Bettkante sitzen. Er konnte sich nicht erinnern, wie er hier her gekommen war, das Letzte an was er sich erinnern konnte war, dass Ainur ihn zum Donnerbalken gebracht hatte und an das widerliche Zeug, was er trinken musste. Sein Kopf sauste, aber ansonsten fühlte er sich eigentlich gut. Er regte sich und blickte auf Lamina. Das Licht, das vom Feuer herrührte schimmerte auf ihren Fingern. Sie versuchte ihren Rücken einzuschmieren, was ihr nur bedingt gelang. Er konnte nicht anders, als sie dabei zu beobachten. Sie hatte quasi nichts an, soweit er das erkennen konnte. Er bewegte sich in ihre Richtung und wollte ihr zur Hand gehen, doch sie bemerkte seine Bewegung, drehte sich halb um und blickte über ihre Schulter. Ihr Haare verdeckten ihre Brüste, sie hatte sich ihre Zöpfe über die Schulter gelegt und sie bedeckten gerade so viel, dass es ihn leicht erregte. Schwindel überkam ihn.

‚Lass mich dir helfen!‘ flüsterte er benommen. Sie zog die Beine aufs Bett und rutschte in seine Richtung. Er umarmte sie und nahm ihre Hände vor ihrem Körper in die Seinen, um das Öl von ihren Fingern aufzunehmen. Sie goss ihm etwas von dem Öl in die Hand. Er rieb über ihre Schultern und dann über den Rücken bis zum Ansatz ihres Hinterns. Als er damit fertig war, lehnte sie sich nach hinten und griff nach seiner Hand. Sie rieb ihm seine Handgelenke mit dem Öl ein. Und er die ihren, dabei wickelte er geschickt ihren Verband von der Hand, um sie zu küssen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Er nahm sie in den Arm und sie legte sich zu ihm. Er versuchte sie zuzudecken. Mit seinen und ihren Armen verdeckte er ihre Brüste.

Es war so ein unschuldiger Augenblick, wie sie bei ihm lag, der ihn doch so erregte, dass ihm fast die Sinne schwanden. Besser wäre es wahrscheinlich, er würde wirklich ohnmächtig, sonst käme er noch auf dumme Gedanken.

Sie blickten beide ins Feuer und er hielt sie einfach weiter fest. Ihr ganzer Körper zitterte. Und er hielt sie so lange, bis sich ihr Körper beruhigte. Irgendwann stand sie doch auf und zog sich eine leichte Tunika an. Dann legte sie genug Holz nach, damit sie wieder unter seine Decke kriechen konnte. Sie küsste ihn, bevor sie sich wieder zu ihm legte.

Published in: on 9. April 2013 at 20:58  Kommentar verfassen  
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Drei und eine Axt – Teil 27

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 27

reiter_neu‚Wir können einfach keine Blutegel mehr finden!‘ meinte Ainur leise. ‚Der Herbst ist bald zu Ende!‘

‚Dann muss es so gehen!‘ krächzte Lamina. Sie versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken.

‚Das wird schon alles wieder. Das Bein von dem alten Krüppel da draußen hat viel länger geeitert und viel schlimmer ausgesehen und wir mussten es auch nicht abschneiden.‘ Ainur versuchte sie aufzumuntern, was ihm aber nur bedingt gelang.

Ein Geräusch, dass vom Bett herrührte, lies sie aufblicken. ‚Nyúl… Róka!‘

Die Tür ging sprang auf und beiden Hunde stolperten herein. Sie hatten ihren Herren gehört und konnten es kaum erwarten ans Bett zu gelangen. Halef wand den Kopf und hielt seine Hand aus dem Bett und wieder kamen Geräusche aus seinem Mund. Lamina lief den Hunden hinterher und zischte: ‚Nicht so stürmisch, ihr Beiden! Sitz!‘

Die Hunde folgten aufs Wort und setzten sich brav neben das Bett, aber noch so nah, dass ihr Herr sie streicheln konnte.

‚Ainur. Wenn du Blutegeln finden willst. Geh in Richtung meiner Höhle. Dort ist am Fuße des Berges ein Sumpf und ein paar Tümpel. Róka bringt dich hin.‘ krächzte Halef leise.

Róka sprang auf und wedelte mit dem Schwanz.

‚Was würden wir nur ohne unseren Sippenführer machen.‘ rief Ainur, kniete sich hastig vors Bett und küsste Halef. Dann sprang er auf und lief aus der Jurte. Als er schon draußen war, rief er noch: ‚Róka los, schnell!‘

‚Aber geht nicht in meine Höhle, das ist Meine!‘ meinte Halef, doch sein Hund war schon aus der Jurte gelaufen.

‚Du hast eine Höhle?‘ fragte Lamina erstaunt, während sie ihm half sich etwas aufzurichten.

Halef nickte und versuchte zu lächeln.

Wena kam kopfschüttelnd in die Jurte, sie brachte Suppe und Brot. ‚Was war das jetzt? Erst machen die Köter die Tür auf und dann läuft Ainur, wie eine angestochene Sau, zum Gatter und klaut mein Pferd.‘

‚Er kommt wieder, mit Blutegeln! Hoffe ich!‘ meinte Lamina.

‚Und er hat mich geküsst!‘ stammelte Halef. Nyúl war aufs Bett gekrabbelt und kuschelte sich an den Körper seines Herren.

‚Du warst die letzten zwei Nächte wieder im Fieber und völlig weggetreten. Und dein Bein macht uns große Sorgen.‘ meinte Lamina und setzte sich zu ihm ans Bett und küsste ihn auf die Stirn. ‚Und jetzt musst du erst mal was essen und dann…!‘

‚Und dann schau ich mir dein Bein an!‘ rief Ziska von der Tür her.

Als sie nach dem Essen seinen Verband wechselten, wurde er während der Waschung ohnmächtig und wurde erst wieder wach, weil er ein komisches Gefühl an seinem Bein fühlte. Ziska saß an der Bettkante und wedelte mit rauchenden Käutern über seinem Bein rum.

‚Sch..sch…sch. Du musst dein Bein ruhig halten. Sonst fallen die Maden runter.‘ meinte Ziska leise, legte den rauchenden Zweig in eine kleine Feuerschale und strich ihm mit der anderen Hand über den Kopf. ‚Sie fressen das brandige Fleisch weg.‘

‚Wo ist Lamina?‘ fragte er leise.

‚Sie hat den Hund rausgebracht. Nyúl ist ganz heiß auf dein Bein.‘

‚Der Köter wollt mich doch nicht fressen?‘

‚Nein, aber dieser Mistköter wollte Lamina fressen.‘

‚Bitte was?‘ schrie er heiser.

‚Sie hat nur einen Kratzer abbekommen!‘

‚Nyúl!‘ schrie er, bis sein Schrei von einem trockenen Husten gestoppt wurde. Ziska half ihm eine Wenig hoch und drückte ihm einen Becher Tee in die Hand.

Die Tür ging auf und der Hund tapste herein und er tat so als wäre nichts geschehen.

‚Was fällt dir ein, mein Bein oder meine Frau fressen zu wollen. Böser Hund.‘

Der Hund japste unschuldig.

‚Raus hier. Komm mir nicht mehr unter die Augen.‘

‚Halef, es ist doch nur ein Kratzer!‘ rief Lamina. Sie stand in der Jurtentür und hielt sich eine Hand. Ein blutiger Verband war darum gewickelt.

‚Los raus hier, Nyúl!‘

Der Hund ging rückwärts aus der Jurte und verzog sich geknickt.

Lamina schloss die Tür und ging langsam aufs Bett zu. Ihr liefen Tränen übers Gesicht und sie rang heftig mit ihrer Fassung.

‚Der dumme Köter kommt wieder, keine Sorge.‘ meinte Halef und griff nach ihrer Hand. ‚Hat er dir arg weh getan?‘

‚Es ist nichts, ich hab mich nur erschrocken!‘

Er wickelte den Verband ab und blickte auf die Wunde. ‚Nichts, sieht aber anders aus!‘

Die Tür ging wieder auf und Ainur kam herein gestolpert, gefolgt von Róka.

‚Róka, geh zu Nyúl, er war ein böser Hund.‘ rief Halef und der Hund machte kehrt und lief nach draußen, noch ehe Ainur die Tür schließen konnte.

‚Es hatte jemand Blutegel bestellt?‘ meinte Ainur und übergab Ziska einen verschlossenen Krug.

Published in: on 18. März 2013 at 22:58  Comments (1)  
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Drei und eine Axt – Teil 26

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 26

reiter_neuHalef konnte den pochenden Schmerz in seinem Bein spüren und in seiner Schulter. Sein Atem rasselte. Jeder seiner Atemzüge tat ihm weh. Obwohl er lag, überkam ihm ein Schwindelgefühl. Außerdem dachte er, seine Blase müsse gleich platzen. Aber er konnte sich nicht bewegen, sein Körper fühlte sich schwach und taub an. Ein übler Geruch stieg ihm in die Nase. Selbst das Öffnen der Augen fiel ihm schwer. Ihm war kalt, er fror, aber selbst zum Zittern schien ihm die Kraft zu fehlen. Ein schmerzverzerrter Stöhner kam ihm über die Lippen. Seine Kehle war ausgetrocknet, er musste husten. Der Schmerz lies ihn fast wieder die Sinne schwinden. Er hörte Holz über Holz schleifen, einen dumpfen Schlag, ein Prasseln und die Wärme, die plötzlich aufstieg. Jemand kam an seine Seite und versuchte ihn zu beruhigen. Panisch zog er röchelnd die Luft in seine Lungen. Sein Kopf wurde angehoben und Flüssigkeit wurde ihm in den Mund geträufelt. Das Gefühl jeden Moment ersticken zu müssen war mit einem Schlag vorbei. Worte wurden gesprochen, er verstand nicht welche, aber sie schienen ihm wohlgesonnen. Eine kalte, zitternde Hand berührte die Seine. Er versuchte sich zu bewegen, konnte es aber nicht. Endlich öffnete er die Augen. Erschrocken blickte er in das Gesicht seines Weibchens. Lamina sah abgekämpft aus, tiefe Augenringe unter ihren verheulten Augen waren zu sehen. Die Sorgenfalten auf ihrer Stirn entspannten sich leicht, als sie ihm über die Stirn strich. Seine Hand war an seiner Brust festgebunden. Ruckartig versuchte er seinen anderen Arm zu bewegen. Nach einem Ruck schoss ein stechender Schmerz durch sein Handgelenk. Die andere Hand war am Bettpfosten angebunden.

‚Sch… Sch…Sch… Wir mussten dich anbinden. Du hast im Fieber um dich geschlagen.‘

Sie strich über seinen Arm und löste seine Hand vom Bettpfosten. Sein Arm war taub, er konnte ihn kaum bewegen, versuchte es aber und blickte sie dabei panisch an.

‚Warte, ganz ruhig!‘ flüsterte sie ihm ins Ohr und griff nach seiner Hand.

Sie bewegte seine Finger und massierte sie. Später half sie ihm dabei den Arm zu bewegen und er legte in einer schwerfälligen Bewegung seine Hand neben seinem Körper ab.

‚Wie lang war ich…!‘ röchelte er, bis seine Stimme brach. Er musste Schlucken, doch sein Mund war wieder trocken. Sie flößte ihm nochmal etwas Flüssigkeit in den Mund und erklärte unverblümt. ‚Du hast zwölf Tage lang deine Augen nicht mehr aufgemacht.‘

Es dauert eine ganze Weile, bis er darauf etwas sagte: ‚Hab ich mir Schande gemacht?‘

‚Angst gemacht hast du mir!‘ meinte sie ernst und stand dann kopfschüttelnd auf.

Er versuchte sich aufzurappeln, weil ihm wieder eingefallen war, dass er pinkeln musste. Doch seine Beine waren auch am Bettrahmen fixiert und stöhnte vor Schmerzen, als er sich bewegte. Lamina drehte sich erschrocken um und blickte ihn ernst an. ‚Wo willst du denn hin?‘

Er blickte nur zu dem Eimer vor seinem Bett. Mit einer eleganten Bewegung war sie wieder an seiner Seite und band auch die Füße los und half ihm auf.

Als sein Körper aufrecht war, kam der Schwindel wieder und er musste sich an ihr festklammern. Sie löste liebevoll die anderen Hand aus dem Verband und flüsterte ihm ins Ohr. ‚Du willst wahrscheinlich nicht, dass ich dir helfe, also wirst du den Eimer mit deiner verletzen Hand halten müssen.‘

Er nickte verlegen, als sie ihm die Decke vom Schoß zog und ihm den Eimer in die Hand drückte. ‚Ich muss eh frisches Wasser holen, wir müssen deine Verbände wechseln und dich waschen!‘ meinte sie, zog einige Decken aus dem Bett und schnappte sie einen anderen Eimer, der neben der Feuerstelle stand und ging aus der Jurte.

Er war mehr als erleichtert, als zumindest den Druck auf der Blase loswerden konnte, bloß verkrampfte sich seine Hand so, dass er den Eimer nach Verrichtung seines Geschäftes nicht mehr loslassen konnte. Er versuchte mit der anderen Hand die verkrampften Finger zu öffnen, schaffte es aber nicht. Währenddessen sein Urin im Eimer umher schwappte und er mit sich selbst rang, lief Lamina zum Fluss hinunter.

Sein Körper glitt krampfend auf die Seite, den Griff des Eimers weiter fest umschlossen und kam mit der unverletzten Schulter am Bettpfosten zum Stillstand.

Als Lamina die Jurte wieder betrat, lag er immer noch zuckend da. Sie eilte an seine Seite, berührte seine Hand und er lies den Eimer los. Hastig stellte sie ihn außer Reichweite und wickelte Halef eine der übrigen Decken.

Sein Körper sah abgemagert aus, doch seine Muskeln waren steinhart und zogen sich immer mehr zusammen. Aber selbst für drastische Bewegungen schien ihm die Kraft zu fehlen, so zog sie ihn in die Mitte des Bettes, stand rasch auf und warf einige Kräuter ins Feuer. Dann nahm sie etwas aus einer kleinen Schachtel, streute es auf einen Splint und hielt diesen ins Feuer.

Mit dem rauchenden Splint ging sie zu Halef hinüber und hielt selbst die Luft an. Während sie sich zu ihm aufs Bett setzte, wickelte sie sich ein Tuch um den Mund, das sie um ihren Hals getragen hatte. Der Rauch der vom Splint ausging kroch ihm in die Nase und augenblicklich entspannten sich seine Muskeln. Sie flüsterte gedämpft durch das Tuch in sein Ohr: ‚Es tut mir leid, aber es geht nicht anders!‘ Seine Augen flackerten kurz auf, bevor er wieder ohnmächtig wurde. Sie warf den Splint ins Feuer und packte alle Felle und zog sie aus dem Bett, drehte ihn auf die Seite und deckte ihn zu. Rasch ging sie mit den Fellen und dem Eimer nach draußen und kam wenig später wieder herein. Langsam zog sie das Tuch von der Nase und lies die Tür offen stehen, damit frische Luft hereinkam. Neben dem Rauch, roch es immer noch Urin, Eiter und Schweiß.

Zuerst legte sie nochmal Holz nach, setzte Wasser auf und dann öffnete sie seine Verbände. Der Arm sah gut aus und eiterte kaum noch. Doch konnte sie den Eiter riechen. Sie machte einen neuen Kräuterumschlag, der hoffentlich den restlichen Eiter aus der Wunde zog. Die Bauchwunde, war wie durch ein Wunder sehr gut verheilt und sie konnten bestimmt bald die Fäden ziehen, bevor die auch noch eine Entzündung hervorriefen. Ziska hatte ihr Bedenken geäußert, dass sich die Wunden durch die Seidenfäden vielleicht nochmal entzünden könnten. Von Glück im Unglück konnte man nicht gerade sprechen, weil das verletzte Bein immer noch aufs Doppelte angeschwollen war. Sie hatten die Fäden wieder entfernen müssen und hatten vor ein paar Tagen eine der beiden Pfeilwunden sogar ausbrennen müssen. Aber alle ihre Bemühungen waren bisher vergebens gewesen. Selbst mit Maden und Blutegeln hatten sie die Entzündung bisher nicht eindämmen können. Nur hatte Ainur und die Kinder seit Tagen schon keine Blutegeln mehr gefunden.

Als sie den Verband vom Bein löste, quoll der Eiter schon durch die letzten Lagen des Verbandes. Sie musste würgen, als sie die Wunde freilegte. Während die ausgebrannte Wunde mittlerweile nicht mehr ganz so schlimm aussah, war die Andere einfach nur grotesk.

Tränen standen ihr in den Augen, als sie sich wieder das Tuch über die Nase schob. Es schien so, als hätte sie die letzten Tage, dies schon öfter getan. Sie wusch die Wunde aus und versorgte das Bein so gut sie konnte. Sie wusch ihn, bevor sie das Beine erneut verband. Sie betete inständig an alle Ahnen und Götter, die ihr einfielen, dass die Kräuterumschläge endlich wirkten. Weil Ziska hatte vor ein paar Tagen gedroht, dass Bein abnehmen zu müssen, wenn sie nicht bald was tun würde. Kejnen und Ainur hatten sich mit ihr darum gestritten. Und sie selbst, machte einfach alles, was sie ihr aufgetragen hatten, um sein Bein zu retten.

Sie rieb seinen Körper mit einem Öl ein und der angenehme Geruch, entspannte ihr Gesicht etwas. Das hatte noch nicht mal der Rauch des Mohnsaftes geschafft. Wena stand plötzlich in der offenen Tür und versuchte zu lächeln. Sie hatte eine Kanne mit Tee in der Hand.

Lamina blickte auf und lächelte einfach nur, während ihr die Tränen in den Augen standen.

‚Er war kurz wach!‘ sagte sie mehr zu ihm, als zu ihr. ‚Aber nur sehr kurz.‘

Wena rümpfte die Nase, kam näher und fragte: ‚Hat er wieder gekrampft?‘

‚Ja, nachdem er sich in den Eimer erleichtert hatte!‘

‚Das ist doch eigentlich ein Fortschritt?‘

‚Ich hab die Verbände gewechselt und das Bein sieht einfach abartig aus.‘

‚Ich schick die Kinder nochmal nach Blutegeln.‘ meinte Wena kurz, als sie endlich den Tee abstellte. ‚Ich bring dir ein paar andere Felle, die da draußen würd ich über Nacht auslüften lassen.‘

‚Ja, danke. Ist das zweite Leinentuch schon trocken?‘

‚Ja, und die Decken müssten auch schon trocken sein. Ich hatte sie bei uns in der Jurte.‘

Das Gespräch der Beiden wurde von Stöhnen seinerseits unterbrochen. Wena rannte zur Tür und rief: ‚Ich bring dir Suppe. Die Mädchen haben sie vorhin schon aufgesetzt.‘

Lamina goss einen Becher Tee ein und kniete sich ans Bett. Mit einem Holzlöffel rührte in dem Becher und flüsterte Halef beruhigende Laute ins Ohr.

‚Lamina…!‘ kam es aus seinem Mund, bevor seine Stimme brach und er schwer schlucken musste.

Sie half ihm ein Wenig hoch, setzte sich auf die Bettkante und flößte ihm langsam den Tee ein. Er öffnete die Augen, die sich sofort mit Tränen füllten. Als der Becher leer war, setzte sie den Becher ab und wischte ihm die Tränen vom Gesicht.

Published in: on 6. Februar 2013 at 22:02  Comments (1)  
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Drei und eine Axt – Teil 25

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 25

reiter_neuAls Lamina und Vira mit den Kindern aus dem Wald kamen, saßen der Khan und Elger mit blutverschmierten Klappenmänteln am Tisch. Die Pferde in der Koppel waren reichlich unruhig. Kejnen kam gerade aus der Jurte, seine Hose war voll Blut. Wena schrubbte den Tisch, der auch voller Blut war. Und Ulor saß in Kejnens Stuhl und hatte Nyúl im Arm.

‚Was ist los, was ist passiert?‘ rief Vira und Lamina wie aus einem Mund.

Wena blickte zur neuen, alten Jurte hinüber. Lamina lies den Korb fallen und lief los. Vira folgte ihr.

In der Jurte lag Halef im Bett. Es waren viele Lichter entzündet worden. Ainur verband ihm gerade sein Bein. Ein Pfeilschaft ragte aus der Schulter des Jungen. Und ein fester Verband bedeckte seinen Bauch bis zur Brust.

‚Gut, dass ihr da seid.‘ meinte Ainur. ‚Ich könnte Hilfe gebrauchen!‘

Nachdem den Frauen fast klar war, was passiert sein musste, fragten sie nicht und nickten Ainur folgsam zu. ‚Lamina, versuch ihm ganz vorsichtig den Tee in den Mund zu träufeln, er braucht viel Flüssigkeit. Und Vira halt mal das hier fest…‘ Er wies auf eine Stelle am Bein, wo man einen Blutfleck erkennen konnte und hielt ihr ein Stück gerolltes Leder hin. ‚Drück das mal da drauf.‘ Er stellte Halefs Bein auf, machte einen festen Verband und zog übers Leder den Verband fester.

‚Dank dem Krüppel da draußen bin ich ein ganz guter Feldscher geworden!‘ meinte Ainur, als er mit dem Verband fertig war und deckte Halef behutsam zu. Vira stand auf und ging Richtung Tür. ‚Ich muss mit dem Khan reden.‘ Lamina kniete vor dem Bett und löffelte ihm liebevoll Tee in den Mund und wischte seinen Mundwinkel mit einem Tuch sauber, wenn etwas daneben ging.

‚Lamina, kannst mir mal helfen. Ich würde ihn gerne seitlich ein bisschen hoch lagern. Kannst du auf Bett krabbeln und such mal was Weiches, was wir ihm unter den Körper schieben können.‘

Sie nickte, zog die Schuhe aus und kletterte aufs Bett. Sie zog eines der Felle zurecht und blickte Ainur an. Er hob Halef behutsam an.

‚Siehst du den Verband am Rücken? Blutet da was durch?‘ fragte Ainur.

‚Äh, nein!‘ meinte sie, während sie vorsichtig das Fell unter seinen Körper stopfte. Ainur lies ihn los und als Halefs Gewicht wieder auf seine Wunde drückte, entkam ihm ein leises Stöhnen.

‚Kann ich dich kurz allein lassen. Ich will sicher gehen, dass die Suppe fertig ist, wenn er aufwacht!‘

Lamina kletterte wieder vom Bett, warf Holz in die Glut und kniete sich wieder vors Bett.

Merle kam herein, brachte Tee und eine Schüssel Wasser und flüsterte: ‚Die Suppe ist gleich fertig. Wie geht es ihm?‘

Lamina drehte sich um und blickte sie verstört an: ‚Ich weiß es nicht.‘ Und schon kamen ihr die Tränen. ‚Ich weiß gar nicht was überhaupt passiert ist.‘

‚Kel!‘ meinte Merle kurz und kniete sich zu ihr auf den Boden. Sie nahm Laminas Hände und wusch sie und fuhr dann eindringlich auf Lamina einflüsternd fort. ‚Die weiße Hexe hat alles gegeben, was sie konnte und er atmet noch, mehr musst du nicht wissen.‘

Halef war erwacht, regte sich und stammelte verwirrt: ‚Nyúl?‘

‚Deinem Hund geht es gut, er hechelt und hat ne feuchte Nase!‘ meinte Merle kopfschüttelnd und goss frischen Tee in einen Becher.

Lamina schob ihm ein Kissen unter dem Kopf zurecht und er röchelte nur: ‚Róka!‘

‚Der ist der glücklichste Hund auf der Welt, er hat ein Pferd gerissen und Kel ein ganzes Stück aus dem Hals gebissen.‘

‚Braver Hund!‘ meinte er und öffnete die Augen. Lamina blickte ihn verschreckt an. Dann stotterte sie um ein Schluchzen herum. ‚Ich weiß, ich muss ihn belohnen, wenn er kommt!‘

Er lächelte flüchtig und schloss seine Augen wieder. ‚Gut, dass Kel so ein schlechter Schütze ist!‘ keuchte er und hustete unter Schmerzen.

Merle stand kopfschüttelnd auf und meinte: ‚Ich geh mal die Suppe holen!‘

Lamina schluckte ein weiteres Schluchzen hinunter und meinte mit erschreckend fester Stimme. ‚Du musst viel trinken.‘ Und hielt ihn den Löffel hin. Er öffnete leicht den Mund und sie flößte ihm nach und nach den ganzen Inhalt des Bechers ein.

Ainur kam mit der Suppe und setzte sich ans Bett, während Lamina immer noch vor dem Bett kniete. Sie nahm ihm die Suppe ab und rührte darin herum. Dampf stieg auf.

‚Ich hab gehört du bist wach, mein Sippenführer!‘ meinte Ainur. Halef drehte den Kopf langsam in Ainurs Richtung, blinzelte und starrte erschrocken auf den Bolzen in seiner Schulter.

‚Darüber wollte ich mit dir reden!‘

Vira und der Khan kamen in die Jurte und blieben am Feuer stehen.

Ainur wartete ab, bis Halef eine Reaktion zeigte. Lamina berührte seine Wange, er drehte den Kopf in ihre Richtung und er bekam einen Löffel mit Suppe eingeflößt. Dann blickte Halef wieder Ainur an und versuchte ein Lächeln, was in ein merkwürdiges Zucken seines Gesichtes überging.

‚Ein Pfeil steckt noch in deiner Schulter. Genauer gesagt in dem dünnen Knochen hier oben!‘ erklärte Ainur und tippte sich selbst an die Stelle an seiner Schulter. ‚Wenn wir ihn ziehen, dann zerbrechen wir vielleicht den Knochen, deswegen wollten wir warten, bis Ziska wieder auf den Beinen ist.‘

Halef blickte ihn fragend an und Ainur fuhr fort. ‚Sie hat dich geheilt, sogar mit Singsang und so und sie schläft jetzt! Sie hat Wena Kräuter für dich gegeben. Für auf die Wunden und für den Tee. Und mir hat sie vorhin gesagt, wie das mit dem eingedickten Mohnsaft funktioniert.‘

Halef schüttelte den Kopf, schloss die Augen und öffnete die Lippen einen kleinen Spalt: ‚Das ist keine gute Idee! Ich trauere noch und…‘ Er hustete wieder und stöhnte laut vor Schmerzen.

Lamina berührte Ainur am Knie und flüsterte ihm zu: ‚Der Mohnsaft regt ihn mehr an…ähm auf, als dass es ihn beruhigt. Das ist jetzt eher eine ungute Idee ihm was davon zu geben.‘

Ainur verstand nicht und blickte Lamina irritiert an. Lamina wurde schlagartig rot im Gesicht und lächelte ihn verlegen an.

‚Ich verstehe nicht!‘ meinte er und blickte sie weiter unverwandt an.

‚Es macht ihn…!‘ stotterte sie, machte eine eindeutige Handbewegung und schüttelte den Kopf.

Der Khan machte einen Schritt aufs Bett zu und musste sich wahrlich ein Lachen verkneifen. ‚Ainur, gib es ihm erst, wenn er alt und tattrig ist und wenn morgens sein…!‘

Vira hielt dem Khan den Mund zu und rief. ‚Gib mir den Mohnsaft, ich verstecke ihn wieder!‘

Ainur drehte sich um und blickte alle verständnislos an. ‚Ich verstehe euch nicht, wenn man mir Mohnsaft gibt, dann fühle ich mich wie ein 12jähriges Mädchen auf einer wunderschönen Blumenwiese, was ist daran so falsch!‘

‚Wenn meine Frauen mir Mohnsaft geben, wache ich am nächsten Morgen nackt vor meinem Bett auf und mir tut nicht nur der Kopf weh, sondern auch…!‘ meinte der Khan und wurde wieder von Vira unterbrochen, in dem sie ihn anrempelte.

‚Meine Knie, Vira! Meine Knie!‘ lachte der Khan.

‚Jetzt hört auf Witze zu machen, es ist doch gegen Schmerzen, dachte ich! Kejnen ist ganz wild darauf.‘

‚Ach, ist er das? Ich dachte wir trauern noch!‘ meinte Vira und musste nun auch lachen.

‚Ainur bitte, gib mir nichts davon!‘ wimmerte Halef und trotz seiner Schmerzen musste er schmunzeln. Ainur blickte ihn noch verwirrter an und Lamina holte tief Luft.

‚Es macht ihn…!‘ fing sie an und Vira hielt ihr den Mund zu. ‚Und woher weißt du das überhaupt!‘

Lamina schüttelte ihren Kopf und Vira lies sie los. ‚Ziska hat ihm vorgestern davon gegeben und es war ihm mehr als peinlich und mir übrigens auch.‘

Der Khan hatte Ainur währenddessen ins Ohr geflüstert und Ainur begriff endlich, machte die Handbewegung nach, die Lamina vorhin gemacht hatte und lachte. ‚Ach so, dann verfehlt es bei mir die Wirkung völlig!‘

Halef verdrehte die Augen und flüsterte so, dass es nur Lamina verstand, die sich dann räusperte und meinte: ‚Der Sippenführer wäre sehr ungehalten darüber, wenn morgen in allen Jurten darüber gesprochen würde, wie vielfältig die Verwendungsmöglichkeiten von Mohnsaft sein können!‘

‚Ja, Spaß bei Seite. Solange der Bolzen in deiner Schulter sich nicht entzündet und du noch einen Tag mit den Schmerzen Leben kannst, würden wir ihn erst morgen herausziehen.‘

‚Und ich frag die weiße Hexe, ob es was Anderes gegen die Schmerzen gibt.‘ meinte Vira und ging kopfschüttelnd aus der Jurte.

‚Würdet ihr mich mit ihm alleine lassen?‘ meinte der Khan. Lamina stand auf und drückte dem Khan die Suppe in die Hand. Ainur begleitete sie nach draußen.

Ohne Umschweife kam der Khan zur Sache. ‚Nachdem dein Hund und du es überlebt habt, werde ich Kel verbannen. Ich werde noch morgen aufbrechen und ihn weit fort bringen. Sehr weit fort bringen. Wenn ich zurückkomme, erwarte ich dass du wieder auf den Beinen bist.‘

Halef nickte und der Khan fütterte ihn erschreckend liebevoll mit der Suppe. Als der Napf leer war, stand der Khan auf und meinte: ‚Jetzt werde ich mir den Zorn meiner Frau abholen gehen!‘

Halef glitt in einen tiefen Schlaf über, er bemerkte nicht, dass Lamina und seine Mutter ihm weiter Tee einflößten und erwachte erst wieder als Lamina erschöpft über ihm zusammen brach. Ihr Gewicht drückte auf seine Bauchwunde. Nach Luft ringend versuchte er sie zur Seite zu schieben oder sie zu wecken. Er war so kraftlos, dass er sie nur ein Bisschen rütteln konnte. Die Schmerzen ließen ihm die Tränen in die Augen steigen. Er hatte das Gefühl, er müsste sich jeden Moment einpinkeln. Er stöhnte und wimmerte, doch Lamina lag wie eine Tote auf ihm. Zu allem Überfluss blieb er bei dem Gerangel an dem Pfeilschaft hängen. Er hörte trotz seines Schmerzensschrei ein grässliches Knacken in seiner Schulter.

Plötzlich kam Kejnen herein. Er hatte eine Kanne in der Hand und hinter ihm kam Ainur mit dem Hund auf dem Arm. Róka kam hinter ihnen in die Jurte gelaufen. Halef röchelte nur noch erstickt. Kejnen stolperte hastig zum Bett, stellte die Kanne auf eine Truhe und zog Lamina hoch. Halef stöhnte erleichtert auf. Ainur hatte den Hund auf ein Fell neben dem Feuer abgelegt und kam zum Bett und half Kejnen dabei Lamina in eine Decke zu wickeln und sie am Fußende abzulegen.

‚Die weiße Hexe ist erwacht und schickt uns mit Tee gegen Wundbrand und Schmerzen ohne Nebenwirkungen!‘

Halef schüttelte nur angestrengt den Kopf und keuchte. ‚Bevor ihr mir neuen Tee einflößt, müsste ich erst mal…!‘ Er spürte, wie ihm das Blut aus der Schulterwunde ran.

Kejnen blickte Ainur an und dieser verließ die Jurte, um wenig später mit einem Eimer und Verbandszeug wieder zu kommen, während Kejnen die Pfeilwunde untersuchte.

‚Ich glaub der Pfeil oder der Knochen ist durch!‘

‚Oder Beides!‘ keuchte Halef.

Ainur stellte den Eimer vors Bett und setzte sich an die Bettkante. Der tippte ganz vorsichtig den Pfeil an und drückte ein Tuch auf die Wunde. Dann tastete er so vorsichtig wie möglich den Knochen ab. ‚Der Knochen ist ganz und der Pfeil ist wieder frei. Dann wollen wir dich aber erst Mal pinkeln lassen…!‘

Ainur stand auf und Kejnen zog die Decke von Halefs Körper und meinte: ‚Wir werden dir die Peinlichkeit ersparen, im Liegen vor deiner Mutter oder deiner Frau pinkeln zu müssen.‘ Ainur half ihm auf und Kejnen hielt ihn fest. ‚Keine Sorge dein Weibchen schläft tief und fest.‘ meinte Ainur und hob seine Beine aus dem Bett und übernahm dann wieder Halef festzuhalten. Kejnen nahm den Eimer hoch und grinste. ‚Ihn festhalten und zielen musst du aber selbst, Junge!‘

Während Halef in den Eimer pinkelte, zitterte sein ganzer Körper so, dass Ainur ihn nach dem letzten Tropfen sofort wieder ins Bett sinken lies und ihn wusch. Er zog mit einem Ruck den Pfeil aus der Schulter und versorgte die Wunde. Halef war ziemlich weggetreten und wimmerte nicht einmal mehr. Kejnen humpelte mit dem Eimer nach draußen.

Ainur nähte die Wunde zu, verband erneut die Schulter und löffelte ihn dann den Tee in den Mund. Halef lies es benommen zu. Kejnen kam wieder rein und brachte nochmal Suppe und Tee. Sie flößten ihm in einer langen Prozedur alles ein, was sie hatten, bis Halef nicht mehr konnte.

‚Möchtest du dein Weibchen oder deinen Hund an deiner Seite haben, heut Nacht?‘ fragte Ainur leise. Wie auf Kommando wurde Lamina am Fußende wach und schreckte verwirrt hoch. Dabei fiel sie fast aus dem Bett.

‚He, Mädchen! Alles in Ordnung, dein Sippenführer verlangt nach dir.‘

Sie krabbelte vom Bett und stand verwirrt auf. Dann stürzte sie wieder zum Bett. Ainur half Lamina, aus ihrem Klappenmantel und neben Halef platz zu nehmen. Als sie lag, deckte er beide sorgsam zu. Dann wand er sich zu den Hunden und stellte ihnen einen Napf mit Wasser hin. Summend legte er Holz nach und verließ er die Jurte, um gleich wieder herein zu kommen, um den Eimer ans Bett zu stellen. ‚Der Eimer für Notfälle!‘

Published in: on 19. Dezember 2012 at 21:13  Kommentar verfassen  
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Drei und eine Axt – Teil 24

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 24

Amreiter_neu nächsten Tag kam Merle angeritten. Einerseits um ihre Kinder zu holen und andererseits um Lamina etwas zu bringen. Auf einem alten Stück Leder hatte sie den Plan von einem Webrahmen auf gezeichnet und dann drückte sie ihr noch ein paar knöcherne Webschiffchen in die Hand. 

‚Wenn meine Schwiegermutter Fragen stellt…! Sie machte eine kurze Pause, schüttelte dann den Kopf und fuhr fort: ‚Ach, sie weiß eigentlich wie ungeschickt ich mich beim Weben anstelle.‘ Merle wand sich beschämt ab und wurde schlagartig rot im Gesicht. 

Wena kam hinzu und fragte: ‚Wollten wir nicht Flachs sammeln gehen? Die Männer arbeiten hinter der Jurte, also können die Kinder und ich…!‘

‚Und ich wollt schon fragen, was wir mit dem Flachs machen, der am Fluss entlang wächst.‘ unterbrach sie Lamina freudig erregt.

‚Bis jetzt haben wir Seile draus gemacht, aber wenn wir nun wirklich einen Webrahmen bauen, dann könntest du…‘ meinte Wena und strich Lamina sanft über die Schulter.

‚Langsam Größenwahnsinnig werden!‘ meinte Vira, die hinter ihnen aufgetaucht waren. ‚Was wollt ihr denn noch alles machen?‘

‚Wolle färben!‘ meinte Lamina.

‚Ich hab an der Böschung oben am Rand der Ebene ganz viel Goldrute gesehen. Ich brauch da nur die Blüten, den Rest könnt ihr haben. Wann wollen wir los?‘ meinte Ziska und griff nach ihrem Korb.

‚Ich muss erst noch die anderen holen? Wir sehen uns am Fluss!‘ rief Merle und lief zu ihrem Pferd.

Lamina lief zu den Männern hinter die Jurte. Halef saß mit Kejnen auf einem Baumstumpf und sie schnitzten allerlei Dinge, die Wena ihnen aufgetragen hatte. Während Ainur, Otar und Alur an den Balken und Brettern der Betten arbeiteten.

‚Wir gehen Flachs sammeln am Fluss!‘ meinte sie kurz und küsste Halef. Er lächelte sie an und nickte kurz.

‚Was macht ihr mit dem Flachs?‘ fragte Ainur, ohne aufzublicken.

‚Nach der Röste, Brechen, Schwingen und Hecheln! Wieso?‘ meinte Wena, die sich gerade einen großen Korb auf den Rücken band.

‚Ich hab gehofft, wir könnten ein paar Seile machen, weil seit gestern ist mein Bestand aufgebraucht.‘

‚Ja, Seile können wir auch machen, aber wir haben einen geheimen Plan für einen Webrahmen.‘ meinte Lamina und zog das Stück Leder unter ihrem Klappenmantel hervor und gab ihn Ainur. Er blickte drauf und blickte sie dann ernst an: ‚Gut, ich baue euch den Rahmen und ihr macht mir ein paar Seile. Aber eure Gewichte müsst ihr euch selber suchen.‘

‚Oder wir machen sie aus Ton!‘ rief Wena.

‚Ich merk schon, das ist ein abgekartetes Spiel!‘ meinte Ainur und lachte laut.

Die Frauen waren den halben Nachmittag unterwegs und brachte nicht nur Unmengen Flachs mit, sondern auch allerlei Kräuter, Kleinholz, Nüsse, Pilze und Beeren, Goldrute und Birkenblätter zum Färben und einige Gewichte für den Webrahmen. Die Männer hingegen saßen am Tisch und schnitten Gemüse klein und Halef und Kejnen hatten Schürzen an und kochten. Alur hatte die Tiere versorgt und kam gerade wieder. Sie stellten die Flachsbündel vor der Jurte zum Trocknen auf.

Auch in der Nacht schrie Kel so laut, dass man den Eindruck hatte, man könnte seine Schreie über die ganze Ebene schallen hören.

Am darauffolgenden Morgen stand Halef früh auf, verabschiedete sich von Lamina und ging zum Jagen. Er wollte das Schaf fangen, dessen Unterschenkelkochen, die Grundlage seiner Ehe sein sollte. Keiner hatte von ihm erwartet, dass er den alten Rieten des Reitervolkes gemäß handelt, weil er doch nicht von ihrem Blute war, doch waren es genau diese Rieten, die ihn zum Sippenführer gemacht hatten. Er wollte die Ahnen ehren und wollte ihnen gerecht werden, genauso wie er es den Lebenden schuldete. Auch er hatte diesen Knochen bekommen, als Zeichen, dass sie ihn wie einen leiblichen Sohn behandeln würden. Nun war es an ihm, die Rieten fortzuführen, damit nichts in Vergessenheit geriet und Wena würde ihn schon daran erinnern, wenn er doch etwas vergessen würde. Sie war sehr zufrieden mit allem, von den Streitigkeiten mit Kel und dem nahenden Winter mal ganz abgesehen.

Er lief an einer Stelle unterhalb der Jurten über den Fluss und ging an einer anderen Seite des Tales auf die Ebene. Er wollte möglichst weit weg vom Lager des Khan unbemerkt bleiben. Weil auf Ärger hatte er so früh am Morgen wirklich keine Lust. Sein Kopf tat ihm immer noch weh und der Schorf in seinem Gesicht juckte, als hätte er auf einem Ameisenhaufen geschlafen.

Die Sonne kroch gerade über die Hügel und die Sonnenstrahlen erhellten die Ebene im goldenen Licht. Genau für diesen Augenblick hatte sein Vater das Reiterleben aufgegeben. Gehörte ihnen doch nicht nur der kleine Flecken Erde am Fluss, ihnen gehörte doch die ganze Steppe soweit das Auge reichte. Niemand lebte in dieser Einöde, außer den Nachbarn flussaufwärts oder flussabwärts. War es doch schon immer das Winterlager des Khan gewesen und der Khan war wahrlich froh über die Vereinbarung, die er mit dem Vater seines Vater, als auch mit seinem Vater, getroffen hatte und die er nun als neuer Sippenführer weiterführen würde. Die Nachbarn allerdings lebten eher für sich und man sah sich höchstens zwei Mal im Jahr. Nicht mal auf der Zusammenkunft hatten sie sich gesehen, obwohl der Khan eigens Reiter vorbeigeschickt hatte. Die Nachbarn flussaufwärts, auf der anderen Seite des Waldes, hatten eine Schmiede an der alten Handelsstraße gebaut und bekamen so genug Möglichkeiten Handel zu treiben. Doch waren sie zu wenige, um auf die Zusammenkunft zu reiten. Und die Nachbarn flussabwärts handelten mit dem Khan und Anderen, für die der alte Weg durch die Berge zu klein geworden war. Warum sie nicht bei der Zusammenkunft waren, weiß nur der Khan.

In seinen Gedanken versunken überraschte er eine Gruppe Wildschafe und konnte tatsächlich eines der Tiere einfangen. Seine Hunde tollten weit entfernt umher.

Plötzlich sirrte ein Pfeil an ihm vorbei und blieb zitternd im Schaf stecken. Er konnte den nächsten Pfeil noch hören, bevor er selbst getroffen wurde. Von der Wucht fiel er auf die Knie. Fassungslos blickte er nach unten und konnte eine Jagdspitze sehen, die aus deinem Bauch ragte. Die Hände gegen die Wunde pressend, versuchte er sich umzublicken und konnte noch seine Hunde sehen, wie sie auf den Schützen zu liefen. Nyúl wurde getroffen, er konnte seinen Hund laut aufjaulen hören. Halef wuchtete sich hoch und lief ihnen hinterher. Der Schütze war niemand anderes als Kel, der auf seinem Pferd saß und immer noch mit dem Bogen auf ihn zielte. Halef rannte so schnell er konnte und versuchte Haken zu schlagen, er wich dem Pfeilhagel aus, der auf ihn hernieder prasselte. Kel war ein lausiger Schütze auf bewegliche Ziele. Doch Halef verließ seine Kraft und er kassierte vier weitere Treffer bis er bei dem reglosen Körper seinen Hundes ankam und neben seinem Hund zusammenbrach. Róka rannte weiter auf Kel zu und sprang das Pferd an, auf dem Kel saß. Róka riss dem Pferd die Kehle auf, Blut schoss heraus und Kel stützte mit samt seinem Bogen vom Gaul. Er schoss sich selbst dabei in den Fuß. Als er am Boden auftraf, war Róka schon auf ihm und verbiss sich in seiner Kehle. Der Khan und seine Söhne kamen angeritten. Halef hatte sich wieder aufgerichtet, pfiff erstickt, Blut quoll ihm aus dem Mund. Er versuchte erneut zu pfeifen, Róka lies von Kel ab und rannte wieder zu seinem Herrn. Halef hatte seinen Hund gepackt und versuchte aufzustehen. Anstatt in Richtung der Jurten zu laufen, lief er zu dem Körper des toten Schafes zurück. Der Khan und Elger ritten ihm nach und holten ihn ein.

‚Junge, wo rennst du hin?‘ rief der Khan und sprang noch im Lauf vom Pferd.

‚Er hat den Grundstein meiner zukünftigen Ehe erschossen.‘ stammelte Halef.

Elger ritt an ihnen vorbei, er blickte seinen Vater an und ritt weiter.

‚Elger wird es holen und dir bringen!‘

Halef blieb stehen, vergewisserte sich, dass Elger auch wirklich das Schaf mitnahm.

‚Junge, bitte lass mich dir helfen.‘

‚Wenn mein Hund stirb, töte ich deinen Sohn.‘ röchelte Halef, drehte sich um und humpelte in Richtung der Jurten.

‚Das ist sogar dein verdammtes Recht. Aber wenn du vorher verreckst, dann bringt mich deine Mutter um und deine Tante verflucht mir mein Jenseits.‘

Halef hustete und spie dabei Blut auf den Boden.

‚Junge, gib mir wenigstens den Hund!‘ rief der Khan und pfiff nach seinem Pferd. Elger stoppte neben ihnen und sprang vom Pferd.

‚Halef, ich trag dich, wenn es sein muss, aber du verreckst mir nicht in der Steppe.‘ rief Elger aufgebracht.

Halef lief einfach weiter, hob seine Tunika und zeigte die Pfeilspitze, die ihm aus dem Bauch ragte. ‚Ich werde sterben, wenn ihr mich aufs Pferd setzt oder wenn ihr mich tragen wollt.‘

Elger, hielt ihn an der Schulter fest, zog sein Messer und sprach: ‚Vertrauts du mir?‘

‚Bleibt mir was anderes übrig?‘ röchelte Halef.

‚Gib meinem Vater den Hund!‘

Halef tat es. Ein weiterer Sohn kam angeritten und übernahm den Hund. Der Khan blickte ihn ernst an und sprach: ‚Ulor, bringe den Hund zu Wena und sag Ziska Bescheid, sie soll uns entgegen reiten. Sorge dafür, dass dieser Hund nicht stirbt!‘

‚Halef, ich schlage den Pfeil ganz nah an deinem Rücken durch, dann legen wir dich mit dem Rücken aufs Pferd und bringen dich heim.‘

Halef ging in die Knie, weil er sonst einfach umgefallen wäre. Elger schlug den Pfeil mit einem Schlag sauber durch und kürzte auch die Pfeile, die Vorne aus seinem Körper ragten. Der Khan stieg auf und Elger hob Halef auf das Pferd seines Vaters. Sie versuchten so schnell und so behutsam wie möglich loszureiten.

Als sie am Fluss ankamen, stand Ziska schon am Ufer und wartete. Ainur stand an ihrer Seite.

Kejnen brachte heißes Wasser.

‚Wo ist das Mädchen? Und Vira?‘ rief der Khan, der sein Pferd behutsam durch den Fluss trieb. Elger war schon drüben und sprang vom Pferd, zog dabei das Schaf vom Pferd und legte es auf den Boden.

‚Mit den Kindern im Wald unterwegs.‘ rief Ziska. Blut und Wasser tropfte vom Pferd des Khan, als er am Ufer halt machte. Elger und Ainur hoben Halef vom Pferd und legten ihn auf eine Decke, die sie eigens ausgebreitet hatten. Ainur rieb mit dem Finger über den Schaft eines der Pfeile und roch daran. ‚Er hat die Pfeil in Dung gesteckt, bevor er geschossen hat.‘

Ziska stand auf und schrie laut zu den Jurten hoch. ‚Wena, ich brauch den klaren Schnaps, schnell!‘

Der Khan war abgestiegen und lief zu den Jurten, während ihm Wena entgegen eilte. Sie drückte ihm zwei Flaschen in die Hand. Er blickte sie eindringlich an und meinte ruhig. ‚Die Pfeile waren voll Dung…Um deines Bruders Willen rette diesen Hund. Ich werde ihn verbannen, wenn alle es überleben.‘ Dann drehte sich der Khan um und lief wieder zu Halef. Ainur hatte dem Jungen bereits die Kleider vom Leib geschnitten und ein getränktes Tuch gegen die Eintrittswunde am Rücken gepresst. Kejnen hielt ihn fest und drückte ihm ein Stück Leder in den Mund und säuselte ihm unentwegt ins Ohr. Halef war nicht nur durch den Knebel gehindert zu sprechen, er war ohnehin schon fast ohnmächtig. ‚Beiß da drauf Junge! Versuche dich auf deine Zehenspitzen und deine Fingerspitzen zu konzentrieren. Spürst du sie? Ja. Kannst du sie bewegen? Gut. Das könnte jetzt gleich weh tun, aber so lange du Schmerzen hast, weiß du, dass du noch lebst.

Elger, Ainur und Ziska wuschen die Wunden erst mit dem Wasser und dann mit dem Schnaps aus. Und drückten getränkte Tücher auf die Wunden.

‚Zum Glück hat Kel nur noch zwei Jagdspitzen und eine davon steckt im Schaf.‘ meinte Elger.

‚Der Pfeil in der Schulter steckt im Knochen fest, der im Arm ist durchs Fleisch gegangen, den kann man ganz leicht durchziehen. Der Schaft ist sauber.‘ meinte Ainur.

‚Gut, Ainur mach das, wasche die Wunde gründlich und nähe ihm die Wunden zu. Kleine Stiche. Wir ziehen die Spitze aus dem Bauch, waschen die Wunde und ich heile ihn. Kejnen versuch ihm so viel Wasser wie möglich in den Mund zu träufeln, wenn die Pfeile draußen sind.‘

Sie nahmen den Knebel aus dem Mund und Khan drückte ihm seinen eigenen Trinkschlauch in den Mund. ‚Da kann er auch drauf beißen.‘

‚Die Pfeile im Bein stecken im Fleisch, wir können sie nur raus ziehen.‘ meinte Elger.

‚Gut eines nach dem anderen. Hilf mir mit der Spitze.‘ rief Ziska. Der Khan tauschte mit Elger den Platz und der Khan drückte die Beinwunden ab. Ainur hatte den ersten Pfeil durchgestoßen und Halef schrie und verbiss sich im Trinkschlauch. Kejnen säuselte ihm immer noch ins Ohr und achtete darauf, dass er sich nicht verschluckte. Elger zog die Jagdspitze aus dem Bauch und Halef wurde ohnmächtig. Ainur fing zu nähen an und Kejnen drehte den Kopf des Jungen auf die Seite und zog den Trinkschlauch aus dem Mund. Er fuhr ihm mit dem Finger in den Mund und hielt seine Zunge fest, dann träufelte er in aller Seelenruhe Tropfen für Tropfen der Flüssigkeit in seinen Mund und achtete darauf, dass er nicht zu viel Flüssigkeit im Mund hatte und dass er nicht daran erstickte.

‚Wenn ich ohnmächtig werden sollte, lasst mich erst mal liegen und macht weiter.‘ meinte Ziska und kippte sich selbst Schnaps über die Finger und rieb dann die Hände aneinander und griff in die Wunde. Sie lies den Schnaps in die Wunde laufen und schob den Körper auf die Seite und griff nach der Eintrittswunde. Dann rieb sie die Hände wieder aneinander und wiederholte die Prozedur, bis sie tatsächlich zusammenbrach. Ainur bemerkte, dass keine Blut mehr aus Bauchwunde rann und nähte sie zu. Dann drehten sie ihn auf den Rücken und nähten auch diese Wunde zu. Als sie sich ans Bein machten, wurde Ziska wieder wach. Sie rieb wieder die Hände aneinander und legte Hand auf die Bauchwunde und begann einen Singsang. Die Männer hatten die erste Beinwunde bereits gewaschen und verschlossen und wollte sich an den zweiten Pfeil machen. Ziska legte die Hand auf seinen Schenkel und sang weiter. Sie zogen den Pfeil, Blut schoss hervor und Halef wurde kurz wach und wimmerte. Kejnen zog seinen Kopf hoch und lehnte ihn gegen seinen Oberschenkel und träufelte ihm unentwegt weiter Flüssigkeit in den Mund. ‚Junge gleich hast du es geschafft.‘ Er hielt ihn fest und strich ihm über den Hals. Ziska fing irgendwann an zu zappeln und stürzte nach hinten um. Der Khan brachte sie nach oben in die Jurte. Er schaute nach dem Hund. Der Hund war auf dem Tisch fest gebunden und Wena legte den gerade einen Verband an. Sein Sohn Ulor war noch da und hielt dem Hund einen nassen Lappen hin. Der Hund leckte daran.

‚Kannst du dich um die weiße Hexe kümmern. Ich bleib hier.‘ meinte der Khan und ging um den Tisch herum und sich erschöpft auf die Bank zu setzen. Kejnen humpelte mit Ziskas Korb im Arm an ihnen vorbei und ging in die Jurte. Wena folgte ihm.

Published in: on 5. Dezember 2012 at 23:52  Kommentar verfassen  
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Drei und eine Axt – Teil 23

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 23

reiter_neuHalef schlief nach dem Essen auf dem Stuhl ein und die Anderen, sogar der Khan, arbeiteten an der Jurte. Bei der Gelegenheit machten sie gleich alles winterfest. Später kam Merle, die Frau von Elger und einige der Frauen des Khan, brachten einige Sachen und halfen dabei, die alte Jurtenhaut zu flicken. Als Halef wieder erwachte, dachte er, er würde träumen. Er war umringt von Jurten. Irgendwelche Leute trugen Dinge von der einen Jurte in die Andere. Es wurde ihm ein Becher mit einer dampfenden Flüssigkeit vor die Nase gestellt. Als er nicht reagierte tippte ihn ein Mädchen an. Erst als sie zu ihm sprach, erkannte er Fina. ‚Mutter sagt, du sollst was trinken.‘ Dann kam ein weiteres Mädchen und brachte ihm einen Napf mit Suppe. ‚Und noch mehr essen!‘ Als die beiden Mädchen nebeneinander standen, verlor er die Besinnung.

Als er das nächste Mal wach wurde, war es bereits dunkel geworden. Lamina beugte sich über sein Gesicht und rückte die Felle zurecht. Er schloss die Augen wieder und schüttelte den Kopf. Er wollte sich vergewissern, dass er nicht träumte.

‚Du bist ja wach, wir haben uns schon Sorgen gemacht. Du hast die Kinder ziemlich erschreckt, als du versucht hast, dich in der Suppe zu ertränken.‘ flüsterte sie ihm zu und küsste seine Stirn.

‚Ich dachte, ich wäre an einem anderen Ort, als ich erwachte. Dann hab ich gedacht, ich würde doppelt sehen…!‘ meinte er und rieb sich den Kopf.

Sie griff nach einem Öllicht, dass hinter seinem Kopf anscheinend auf einer Kiste stand, und erhob sich, um ein paar Schritte von ihm weg zu gehen. ‚Darf ich dir deine neue, alte Jurte vorstellen, mein Sippenführer!‘ sprach sie feierlich und drehte sich um ihre eigene Achse.

Von weit entfernt konnte man jemanden laut brüllen hören. Halef war halb aus dem Bett gekrabbelt und blickte nach unten. Dort lagen Teppiche. Er griff nach unten und hob den Teppich hoch, der vor seinem Bett lag. Unter dem Teppich waren grobe Holzbohlen.

‚Wie…wie lange habe ich geschlafen?‘

Die Jurtentür ging auf und Ainur schob Vira durch die Tür. Dann kam Ziska und Kejnen durch die Tür gestolpert, jeder hatte irgendetwas in der Hand. Eine Flasche mit Wein, eine Schüssel mit Suppe, Brot und eine Kanne Tee.

‚Wie lange habe ich geschlafen?‘ fragte er nochmal und blickte alle ratlos an.

‚Wir trauern noch!‘ meinte Vira.

‚Und wir haben immer noch 5 Tage bis Vollmond!‘ meinte Kejnen. Wie auf Kommando ertönte wieder Geschrei.

‚Wena sagt, wir dürfen nicht feiern. Aber das Geschrei des verfluchten Kel werde ich mir die nächsten 5 Nächte nicht nüchtern anhören.‘ meinte Ziska und hob die Weinflasche.

‚Wo sind Otar und Wena?‘ fragte Halef.

‚Die sitzen mit Elger und Merle draußen und beruhigen die Kinder.‘ meinte Vira und setzte sich auf ein Fell, das vor der Feuerschale auf dem Boden lag.

‚Wo habt ihr die ganzen Sachen her?‘ fragte Halef wieder. Er sah so aus, als würde er jetzt endgültig den Verstand verlieren.

‚Alle haben zusammen gelegt und haben mich mit einer anständige Aussteuer ausgestattet!‘ meinte Lamina und setzte sich wieder aufs Bett. Ainur drückte ihm die Schüssel mit dem Essen in die Hand und setzte sich dann zu Vira. Kejnen brachte ihm das Brot und fragte: ‚Macht es dir was aus, wenn ich mich aufs Bett setzte, ich kann nicht am Boden sitzen!‘ Er wartete ein Nicken ab und setzte sich. Ziska zog sich ein Fell ans Bett und setzte sich zu Kejnens Füßen. Lamina stand nochmal auf, half Halef dabei sich etwas aufzurichten, damit er Essen konnte. Dann kroch sie hinter ihm aufs Bett und lehnte sich gegen das Scherengitter. Man konnte wieder Kel schreien hören.

‚Ainur, wann hast du das alles gebaut?‘

‚Bevor ich wusste, dass ich noch zwei Betten bauen muss.‘ rief er und lachte laut.

‚Wir waren ziemlich lange fort, als wir…!‘ meinte Ziska, bevor ihre Stimme brach und trank aus der Flasche, um sie dann Vira rüber zu reichen.

‚Also, Kejnen und ich haben uns vom Khan und von Otar und Wena ziemlich viel über Brauchtum und Sitte anhören müssen und Lamina brachte uns eben auf die Idee bezüglich der alten Jurtenhaut.‘ meinte Ainur und griff nach Viras Hand. ‚Und wir haben im Wald einige umgestürzte Bäume gefunden, die einfach zu Schade waren zum Verheizen. Und das Gute ist, ich hab im Wald noch ein paar Bäume, die ich noch nicht herschleppen konnte. Also kann ich noch drei Betten bauen, einen größeren Tisch, zehn Regale und einen Stuhl für unseren jungen Herren!‘

‚Für was brauchen wir ein drittes Bett?‘ fragte Halef neugierig.

‚Der junge Alur, wird immer älter und Wena will ihn nicht länger bei den Mädchen im Bett schlafen lassen.‘ meinte Vira.

‚Ich hab eine Bitte!‘ meinte Halef. ‚Würdest du mir beibringen wie das geht, mit dem Holz?‘

‚Glaubst du, ich baue das alles alleine?‘ meinte Ainur und griff sich die Flasche.

‚Ich würde im Frühjahr gerne eine Brücke bauen!‘ meinte Halef und blickte Ainur an. Ainur nickte nur und umklammerte die Flasche.

‚Ich hätte gerne einen Unterstand für die Tiere, die Viehjurte wird langsam zu klein.‘ meinte Vira.

‚Ich hätte gerne einen Webrahmen!‘ rief Lamina und alle blickten sie an. ‚Der Winter ist lang und wir haben so viel Wolle, da kann ich…!‘ Halef hatte die Schüssel weggestellt und zog Lamina in eine Umarmung, unterbrach sie damit und küsste sie. Dann flüsterte er ihr ins Gesicht: ‚Ich liebe dich!‘

‚Ich hätte gerne die Flasche Wein!‘ rief Ziska, klammerte sich an Kejnens gesundes Bein und lehnte sich nach vorne. Vira gab ihr die Flasche und meinte, zu Kejnen und Ainur gewandt: ‚Wenn Kel nicht an seinen Verletzungen stirbt und … oder wenn er bis zum Vollmond nicht völlig wahnsinnig geworden ist, müssen wir davon ausgehen, dass es irgendwann zu einem Zweikampf kommen wird. Also hätte ich gerne, dass ihr Beide meinem Sohn alles beibringt, was ihr ihm beibringen könnt, damit ich in nächster Zeit nicht noch mal auf diesen Berg zu den Ahnen gehen muss…!‘

Die Tür öffnete sich und Elger und Merle, gefolgt von Wena und Otar kamen herein.

‚Die Kinder schlafen endlich und draußen wird es ganz schön frisch.‘ meinte Wena.

Sie hatten auch wieder Essen und etwas zu trinken dabei.

‚Halef, wie geht es dir?‘ fragte Elger.

Halef nickte nur und Elger setzte sich. Merle tat es ihm gleich.

‚Wir haben eure Gespräche gestört? Ich hoffe wir fallen euch nicht zur Last!‘ meinte Elger ernst.

‚Nein, auf keinen Fall. Wir spielen gerade, Wünsche erfüllen!‘ meinte Halef und blickte seine Mutter an und nickte. Auch Ainur und Kejnen nickten.

‚Was spielt ihr?‘ fragte Wena.

‚Wünsche erfüllen. Alur bekommt ein neues Bett.‘ meinte Ziska und trank von dem Wein.

‚Und Halef würde im Frühjahr gerne eine Brücke bauen!‘ plapperte Ainur.

‚Und mein Weibchen hätte gerne einen Webrahmen.‘ grinste Halef und blickte sie liebevoll an.

‚Und Ainur hätte gerne genug Eisenerz zum Schmieden.‘ sagte Ainur und lachte herzlich.

‚Also das mit dem Eisenerz könnten wir hinkriegen!‘ meinte Vira.

‚Ja, genau. Das ist doch noch die rote Höhle, auf der anderen Seite des Berges…!‘ rief Ziska und gab die Weinflasche an Elger weiter. Ainur küsste Vira die Hände und weinte fast.

‚Dürfte ich auch einen Wusch äußern?‘ fragte Elger.

Halef nickte wieder.

‚Halef, ich bitte dich inständig darum, dass du meinen Bruder das nächste Mal umbringst, sonst mache ich es.‘ meinte Elger ruhig und trank von dem Wein.

‚Ja, da wären wir beim Wunsch von Vira, zuerst sollten wir ein Kampftraining mit Halef machen. Elger du bist natürlich herzlich eingeladen.‘ meinte Kejnen.

Wena griff sich die Flasche und sprach: ‚Mutter wird dich verstoßen, wenn du ihn umbringst, Elger! Und sie wird keinen Fuß mehr auf diese Seite des Flusses setzen, wenn Halef ihn umbringt. Da muss es doch eine andere Lösung geben.‘

‚Und Wena bekommt ein neues Regal, oder auch zwei!‘ meinte Ainur. Wena schlug ihm gespielt auf den Arm und bedankte sich dann bei Ainur.

‚Was ist denn überhaupt in ihn gefahren?‘ meinte Vira. ‚Er war ja schon immer ein bisschen Anders, aber so hab ich ihn noch nie erlebt.‘

‚Ähm, also. Ich wollte eigentlich erst mit Halef darüber reden, aber nachdem sich die Ereignisse heute geradezu überschlagen haben…‘ meinte Lamina, schluckte schwer und fuhr fort. ‚Ich.. ich war mir die ganze Zeit nicht ganz sicher, weil mir viele der Sippe des ehrenwerten Khan so bekannt vorkommen und ich nicht weiß woher ich sie kenne, aber… ich.. ich glaub Kel war bei dem Sklavenhändler…‘ Ihre Stimme brach wieder und sie blickte Halef mit Tränen in den Augen an. Ihre Hände zitterten. Er griff danach, während alle anderen Lamina fassungslos anblickten.

‚Als ich dich freigekauft habe, war er allerdings nicht da.‘ meinte Kejnen. ‚Glaub ich zumindest!‘

‚Vorhin als er mich schlagen wollte und der Hass aus ihm sprach…hab ich ihn erkannt.‘ stammelte Lamina.

‚Sag mir bitte nicht, dass er dich… weil sonst gehe ich gleich rüber und…‘ meinte Halef aufgebracht. Er wollte schon aufspringen, doch Lamina hielt ihn zurück und unterbrach ihn unwirsch. ‚Nein, er kam und wollte mich kaufen. Er hatte aber nicht genug Gold. Er wurde wütend und wurde rausgeschmissen. Er wollte wieder kommen mit mehr Gold. Dann war die Sache mit dem Bruder des Sklavenhändlers. Ich glaube, dass Kel nochmal da war, nachdem mich der Sklavenhändler so zugerichtet hatte, und er mich nicht mehr wollte, er stritt sich wieder mit dem Sklavenhändler und… den Rest kennt ihr ja.‘ Nach diesem Satz brach sie endgültig zusammen, Halef nahm sie in den Arm und versuchte sie zu beruhigen.

‚Er wollte dich nicht ernsthaft kaufen? Dann hätte mein Vater ihn eigenhändig umgebracht. Der Khan duldet keine Sklaverei.‘ rief Elger laut und wollte schon aufspringen.

‚Das würde zumindest erklären, warum er sich so verhält.‘ meinte Vira und blickte in die Runde.

‚Ich möchte nicht, dass der Khan etwas davon erfährt!‘ meinte Halef aufgebracht und zwang Elger allein durch seinen Blick, sich wieder zu setzen.

‚Aber ich werde mit Kel reden. Er soll nur wissen, dass ich es weiß.‘ meinte Elger und setzte sich.

Kel schrie wieder. Merle zuckte zusammen.

‚Sag mal, musstest du ihn eigentlich so schrecklich verfluchen?‘ meinte Merle ängstlich. ‚Die Kinder werden bis zum Vollmond in der Nacht kein Auge zu machen. Und ich auch nicht.‘ Wena drückte Merle den Wein in die Hand und sie trank.

‚Ich kann niemanden verfluchen. Es liegt nicht in meiner Macht jemanden Schaden zu zufügen. Aber Kel glaubt daran, dass ich ihn verflucht habe. Und das ist der Trick daran.‘ meinte Ziska und lehnte sich zu Frieden zurück. Kel schrie wieder. ‚Außerdem hatte ich ihn gestern Abend bereits vor meinem Zorn gewarnt! Das hat er nun davon.‘ Ziska verschränkte ihre Armen vor der Brust und grinste breit.

‚Ich hab mich noch gar nicht bei euch allen bedankt!‘ meinte Halef, er hielt Lamina immer noch im Arm. Sie schien schon eingeschlafen zu sein.

‚Ach, für was denn?‘ fragte seine Mutter und grinste ihn an.

‚Für das alles hier!‘

‚Das würdest du für uns doch auch machen!‘ meinte Ziska.

Sie saßen noch eine Weile da und unterhielten sich leise. Halef schlief irgendwann auch ein und so war Ziska die Erste, die aufstand und meinte. ‚Und die weiße Hure geht jetzt schlafen!‘

‚Soll der alte Krüppel dich begleiten?‘

‚Ich bitte darum.‘ meinte Ziska, zog ihn hoch und sie gingen sich gegenseitig stützend aus der Jurte.

Als Halef das nächste Mal wach wurde, sah er wie Lamina gerade aus der Jurte verschwand. Er setzte sich auf und versuchte sich hinzustellen. Der Schwindel beförderte seinen Hintern wieder zurück aufs Bett. Er atmete tief durch, stand nochmal auf und torkelte langsam durch die Jurte. Wenn er sich nicht an den Mittelstangen festgehalten hätte, wäre er beinahe ins Feuer gestolpert. So hangelte er sich von einem festen Punkt zum Nächsten. Endlich hatte er die Jurtentür erreicht und öffnete sie. Die Tür schwang auf, er stürzte aus der Jurte und fiel Lamina vor die Füße.

‚Halef, was machst du da?‘ rief sie erschrocken, griff ihn an der Schulter und versuchte ihn wieder in die Jurte zu bugsieren.

‚Wollte nur sehen wo du bist.‘ stammelte er.

‚Ich musste mal…!‘ meinte sie, doch er riss sich los, rappelte sich auf und torkelte zum Abtritt. Sie blieb reichlich verwirrt auf der Türschwelle sitzen. Als er wieder kam, hielt er am großen Tisch inne und taumelte. Langsam stand sie auf und ging zu ihm hinüber.

‚Komm, ich bring dich wieder ins Bett.‘

‚Warte, es geht gleich wieder!‘ keuchte er und hielt sich am Tisch fest. Er blickte ihr eindringlich ins Gesicht, was sie in der Dunkelheit aber nur wage ausmachen konnte. Ein Schrei hallte über die Ebene. Lamina zuckte erschrocken zusammen. Er packte ihren Arm und zog sie zu sich: ‚Ich danke den Ahnen und Göttern dafür keinem die Schmerzen des Lebens zu ersparen, aber wenigstens haben sie dich auf meine Seite des Flusses geschickt.‘ Dann stand er schwerfällig auf und sie gingen langsam in die Jurte zurück. Beim nächsten Schrei waren sie schon wieder im Bett und Lamina klammerte sich zitternd an seinen Körper. ‚Ich grüble schon die ganze Zeit, was gewesen wäre, wenn er genug Gold gehabt hätte, um mich zu kaufen.‘ flüsterte Lamina.

‚Dann hätte ich den Streit um dich angefangen…!‘ meinte er mit ernster und fester Stimme. Kel schrie wieder. Sie küsste ihn auf die Wange und legte den Kopf auf seine Brust. Irgendwann verstummte Kel wieder und sie schliefen ein.

Published in: on 2. Dezember 2012 at 14:59  Kommentar verfassen  
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Drei und eine Axt – Teil 22

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 22

Hustend kamen Lamina und Ziska aus der Jurte gestürzt. Sie hielten sich aneinander fest und schwankten.

‚Was war das für ein Zeugs?‘ hustete Lamina.

‚Eingedickter Mohnsaft, wieso?‘ antwortete Ziska und grinste in die Runde.

‚Hast du da noch mehr davon?‘ frage Kejnen neugierig, der von seinem Fernglas neugierig aufgeblickt hatte. Ainur schnappte sich das Glas und blickte lächelnd hindurch.

‚Wenn wir im Winter völlig eingeschneit und kurz vor dem Verhungern sind, vielleicht.‘

‚Das Zeug hilft hervorragend gegen Schmerzen!‘ meinte Kejnen, hustete und fuhr fort. ‚Hab ich gehört!‘

‚Ich helfe auch hervorragend gegen Schmerzen?‘ meinte sie schnippisch.

Von der anderen Seite des Flusses konnte man den Khan rufen hören. Ainur hob die Hand und fing einfach an zu reden. ‚Also der Khan hat Kel gerade aus seiner Jurte gestiefelt. Könnt ihr verstehen, was er schreit?‘

‚Gib her, oder kannst du von Lippen lesen?‘ rief Kejnen und bemächtigte sich wieder seines Fernglases und plapperte gleich weiter. ‚Du bist nicht mehr mein Sohn!‘ Er machte eine Pause. ‚Und wartet, jetzt geht Orsolya dazwischen, ich kann aber ihr Gesicht nicht sehen. Oh, dass hätte sie vielleicht nicht machen sollen. Ich habe den Khan noch nie mit einem so roten Kopf gesehen. Er sagt: Kümmert euch lieber, um die Kinder und überlasst die Arbeit nicht den drei Huren da oben. Jetzt spuckt er drei mal auf den Boden und…‘ Man konnte einen Pfiff hören, sein Pferd kam angelaufen. ‚Er beleidigt deine eigene Sippe und du nimmst ihn immer noch in Schutz, sagt er und jetzt dreht sie sich in unsere Richtung und sagt: Und doch ist er dein Sohn und er ist verletzt. Damit ist das Gespräch für sie beendet. Der Khan, Elger, ein Paar von den Frauen kommen angeritten.‘

‚Das können wir selbst sehen, jetzt pack das Glas weg.‘ rief Vira.

‚Wollten wir nicht die Jurte abdecken?‘ fragte Ziska. ‚Dann sieht es nicht so aus, als wären wir neugierig. Würdest du nach Halef sehen, Lamina. Der Rauch dürfte sich verflogen haben.‘

Lamina öffnete vorsichtig die Jurtentür und blickte hinein. Halef lag noch genauso im Bett, wie sie ihn vorhin zurück gelassen hatte. Sie atmete nochmal tief ein und lief in die Jurte. Behutsam rückte sie die Decken zurecht. Er fror anscheinend immer noch. Eine der Decken war nass und sie versuchte sie irgendwie freizuwurschteln. ‚Bitte lass mir die Decke, ich hab nichts an.‘ flüsterte er ziemlich leise. Bis jetzt hatte sie die Luft angehalten, musste aber nun doch atmen.

‚Du hast da noch zwei Decken! Deine ist nass und meine wahrscheinlich auch. Ich will sie zum Trocknen aufhängen.‘ platzte es aus ihr heraus.

‚Ich hab aber nichts an!‘

‚Ja, ich hab dich ausgezogen!‘

‚Ich trauere noch!‘ flüsterte er und schloss die Augen.

‚Ich hab nicht hingeschaut!‘ log sie. Natürlich hatte sie hingeschaut.

Er öffnete die Augen, als wäre er gerade von einem Traum aufgeschreckte und blickte verstört unter die Decke. ‚Ich bin ja immer noch… nackt.‘

‚Warte, ich bringe dir was Trockenes zum Anziehen.‘ meinte sie, stand auf und lief kopfschüttelnd zu seiner Truhe.

‚Ja, bitte. Es ist keine gute Idee, wenn du neben mir sitzt, wenn ich nackt bin.‘

‚Keine Sorge, ich fühle mich nicht von dir belästigt.‘ meinte sie lächelnd und kam mit einer Tunika und einer Hose wieder zum Bett zurück. Er hatte die Decke zu seiner Körpermitte hin zusammengerafft und lächelte sie verstohlen an.

‚Komm, ich helf dir eine Tunika anzuziehen. Der Khan wird bestimmt mit dir sprechen wollen.‘

‚Ich kann jetzt nicht mit dem Khan reden!‘ meinte er und blickte nochmal unter die Decke. Sie hielt ihm die Tunika hin und schüttelte wieder den Kopf.

‚Da ist nichts, was der Khan morgens nicht auch hat.‘

‚Woher weißt du das?‘ schrie er fast, riss ihr die Tunika aus der Hand und hielt sie sich schützend vor den Körper.

‚Ein altes Sprichwort sagt, wenn morgens dem Manne…!‘ rezitierte sie.

Er lies die Tunika los und hielt ihr blitzschnell den Mund zu. ‚Ich kenne das Sprichwort und es ist nicht Morgens. Und…und woher kennst du solche Sprichworte.‘

‚Von deiner Tante und sie hat Mohnsaft angezündet und dir unter die Nase gehalten, damit du dich entspannst.‘

‚Aber das da kann doch nicht ihre Absicht gewesen sein. Oder?‘ rief er, dem Wahnsinn anheim fallend und blickte wieder völlig irre unter seine Decke.

‚Vielleicht liegt es ja auch an mir?‘ grinste Lamina. ‚Es ist doch nichts Schlimmes und glaub mir es geht wieder weg.‘

Er schüttelte den Kopf und stammelte: ‚Ziska wird mich nicht Holzhacken lassen.‘

Sie versuchte nicht zu lachen.

‚Komm, zieh wenigstens die Tunika an!‘ redete sie ihm gut zu. Mit zitternden Fingern zupfte er an dem Stoff, also half sie ihm dabei, die Tunika anzuziehen. ‚Und jetzt die Hose!‘

‚Aber das geht nicht…Ich…ich will dir nicht zu Nahe treten!‘ stammelte er.

Sie zog nur eine Augenbraue hoch und blickte ihn ernst an.

‚Bitte tritt mich nicht wieder, mir saust der Kopf immer noch!‘

‚Keine Sorge, ich darf dich heute nicht mehr treten!‘ meinte sie, stand wieder auf und griff nach dem Tee. ‚Komm, trink einen Schluck, ich bring dir nochmal was Wärmeres zu Trinken und du kannst in der Zeit deine Hose anziehen.‘ Sie half ihm etwas hoch und gab ihm gleich aus der Kanne zu Trinken. Dann küsste sie seine Stirn und ging nach draußen.

 

Draußen stand der Khan und Elger vor den Ziska und Vira und sie redeten. Wena half den Frauen die Kinder über den Fluss zu bringen, während Otar, Ainur und Kejnen begonnen, die Jurte abzuwickeln.

Ziska blickte auf: ‚Und…!‘

‚Ich glaub, er braucht ein wenig frische Luft.‘

‚Wenn die Männer so weiter machen, wird es gleich ziemlich frisch da drin.‘ meinte der Khan und lächelte sie an.

Lamina nickte dem Khan kurz zu und fuhr dann fort. ‚Ist noch Tee oder Suppe da? Er hat den ganzen Tag noch nichts gegessen.‘

‚Ich bring gleich was!‘ meinte Vira und drehte sich zum Feuer um.

Elger drehte sich zu den Männern um und entschuldigte sich wortlos. Er wollte sich irgendwie nützlich machen.

‚Ich geh mal rein und warn ihn mal vor, dass er gleich kein Dach mehr über den Kopf hat.‘ rief Lamina. Sie wollte ihm auch jede weitere Peinlichkeit ersparen.

Als sie die Jurte wieder betrat, saß er schwankend auf der Bettkante und versuchte mir zitternden Fingern seine Bruche zu zubinden. So weit sie das beurteilen konnte, hatte er sich wieder halbwegs beruhigt, es zeichnete sich aber immer noch eine deutliche Beule in seiner Hose ab. Lächeln kniete sie sich vor ihn und griff nach seinen Händen.

‚Komm ich helf dir.‘ flüsterte sie und zog seine Hose zu, machte einen einfachen Knoten und eine wunderschöne Schleife.

‚Ich…ich…!‘ seine Stimme brach. Er schluckte. Sie lächelte ihn an und legte einen Finger an den Mund. ‚Ich weiß! Ich dich auch!‘ Liebevoll half sie ihm sich hinzulegen. Dann hob sie seine Beine wieder aufs Bett und deckte ihn behutsam zu. ‚Die Männer wickeln schon die Jurte ab! Und der Khan wartet.‘

‚Vorsicht da drin!‘ konnte man Ainur von draußen rufen hören.

Der Khan kam mit Alur herein. Der Junge lies sich vom Khan zum Dachkreuz hinauf heben, wo Alur sämtliche Verknotungen löste. Und im Nu, stand nur noch das Holzgerüst da.

‚Können wir raus gehen, nicht dass mir noch was auf den Kopf fällt.‘ meinte Halef besorgt. Otar kam mit zwei Stangen in die Jurte und trug die Feuerstelle nach draußen, während Alur immer noch auf dem Dachkreuz saß und mit Ainur die Dachlatten durchzählte.

Lamina half Half hoch, zog ihm seinen Klappenmantel an und der Khan half ihr dabei, den Jungen raus zubringen.

‚Ich hoffe es war nicht Kel, der dich so zugerichtet hat.‘ fragte der Khan, als sie ihn auf Kejnens Stuhl gesetzt hatten.

‚Nein, das war mein Weibchen!‘

‚Hast du es verdient?‘

‚Teils, teils!‘

‚Ich hab schon vernommen, dass sie einen beeindruckenden Aufwärtsschlag haben soll.‘ meinte der Khan und blickte sich nach Lamina um, die wieder in der Jurte verschwunden war. Wo sie ihnen nun den Hintern zu streckte, um in der Kiste etwas zu suchen. ‚Bei der nächsten Zusammenkunft sollten wir sie kämpfen lassen. Das kann uns gutes Geld bringen, weil keiner auf ein süßes, kleines Mädchen setzt.‘

‚Ehrenwerter Khan…!‘ meinte Halef, wurde dann aber von Lamina unterbrochen, die mit einem Fell, einer Decke, seinen Schuhen und Socken aus der Jurte gekommen war und beide nun etwas ungehalten anfunkelte.

‚Bevor ich was Falsches sage, sage ich lieber nichts!‘ sammelte Halef und blickte Lamina verstohlen an.

‚Bei allem gebührenden Respekt, verehrter Khan, ich bin mir nicht sicher, ob die Leute dabei zusehen wollen, wie ein Kämpfer seine edelsten Teile verliert.‘ zischte Lamina und blickte den Khan wütend an.

‚Ich würd ihr glauben!‘ meinte Ziska, die gerade eine Schüssel mit Suppe an den Tisch brachte und sie vor Halef stellte.

‚Weiße Hexe, willst du deinem Khan nichts anbieten?‘

‚Ich bin mir nicht sicher, ob der Khan von unserem kargen Mahl kosten wollt.‘ erwiderte sie schlagfertig, drehte sich aber gleich wieder um und Vira stand schon mit einer weiteren Schüssel da.

Der Khan nahm neben Halef auf der Bank platz und wartete, bis er selbst seine Suppe bekommen hatte. Es wurde noch ein Krug mit Tee und ein paar Becher an den Tisch gestellt, während Lamina Halef die Socken anzog und ihn in die Decke wickelte.

‚Ich hoffe, der heutige Zwischenfall steht nicht zwischen uns Beiden, Halef Aidensohn?‘

‚Es ist alles gesagt worden, was gesagt werden musste. Höre ich diesseits des Flusses noch ein schändliches Wort aus seinem Munde, hetze ich die Hunde auf ihn.‘

‚Und was ist mit der anderen Seite des Flusses?‘

‚Das werden wir dann sehen.‘

‚Was ist mit dem Mädchen?‘

‚Wenn er sie nochmal anrührt, ist es mein Recht ihn in einem Zweikampf zu töten! Und dazu brauche ich meine Hunde nicht!‘

Der Khan war sichtlich schockiert von der Härte der Worte, die aus diesem Jungen drangen.

‚Es war die richtige Entscheidung dich zum Sippenführer zu machen, Halef! Du bist hart, aber gerecht!‘

Halef nickte nur und griff nach dem Löffel.

‚Und er ist genauso stur und zäh, wie sein alter Herr. Nur das mit dem Alter auch manchmal der Weitblick und die Weisheit kommt, die ihm leider im Moment gänzlich fehlt.‘

‚Das habt Ihr schön gesagt, mein Khan!‘ meinte Ziska und grinste. ‚Und nun esst Eure Suppe!‘

‚Die weiße Hexe hat einfach keinen Respekt vor mir!‘ grinste der Khan und lachte dann.

Published in: on 11. November 2012 at 18:25  Kommentar verfassen  
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Drei und eine Axt – Teil 21

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 21

‚Kaum einen Tag Sippenführer und schon liegt er faul in der Sonne, während alle anderen schuften.‘ rief Kel, der gerade mit ein paar seiner Brüder über den Fluss geritten kam. Sie wollten wohl die Kinder holen. Lamina blickte auf und funkelte ihn wütend an. Kel hatte sein Pferd gestoppt und hustete wieder ein: ‚Hure!‘ hervor.

Halef wollte schon aufspringen, doch Lamina war schneller, hielt ihn damit zurück und rief: ‚Bei allem gebührenden Respekt!‘ Sie ging näher an den Gaul heran, packte sich die Zügel und flüsterte: ‚Komm von dem Gaul runter und sag es mir ins Gesicht.‘

Er stieg vom Gaul und meinte nochmal lautstark: ‚Du bist eine Hure und du beschmutzt den Namen meiner Sippe.‘ Halef versuchte taumelnd aufzustehen. Doch Lamina war wieder schneller, sie holte aus und streckte den um zwei Köpfe größeren Kel mit einem Schlag nieder. Dann sprang sie auf ihn und kniete sich auf seine Kehle. ‚Wenn ich eine Hure bin, dann versuch mich anzuspucken.‘

Kel lief Blut aus der Nase, er röchelte und versuchte sich zu wehren. Sie rangelten miteinander, Lamina stürzte von ihm herunter, Kel setzte ihr nach und holte zu einem Schlag aus. Halef ging dazwischen, er kugelte Kel dabei halb den Arm aus, und schrie: ‚Wage es nicht die Hand gegen meine Frau zu erheben. Und wenn ich dein Husten noch einmal auf meiner Seite des Flusses höre, hetzte ich die Hunde auf dich.‘

Die restlichen Reiter waren von den Pferden gesprungen und Vira, Ainur und Otar kamen angerannt. Ziska und Kejnen kamen langsam hinterher.

‚Eine Sippe voller Huren hast du da, Halef Hurensohn!‘ spie Kel heraus. Blut und Spucke flog Halef ins Gesicht. Ainur musste Vira zurück halten. Man konnte die Adern auf ihrer Stirn pochen sehen. Ainur krempelte seine Ärmel hoch und legte seinen Gürtel ab. Für diesen Wicht bräuchte er keine Waffen. Als Ainur einen Schritt auf die Beiden zugehen wollte, hielt Elger Ainur zurück und machte selber ein paar Schritte nach vorne. Halef zog Kel an einem Arm hoch, gab ihn einen Tritt in seine edelsten Teile. Kel stürzte in den Fluss und Halef stürmte hinterher. Kel kassierte einige Schläge bis er seinen Dolch zog. Im gleichen Moment kamen die beiden Hunde angesprungen und Róka biss Kel in die Hand, so dass dieser den Dolch ins Wasser fallen lies und Nyúl packte ihn in die Schulter und zerrte ihn weiter ins Wasser. Halef taumelte zurück und Elger half ihm hoch. ‚Würdest du deine Hunde zurück pfeifen, er soll vor Vater nochmal wiederholen, was er gerade gesagt hat.‘

‚Die wollen nur spielen!‘ zischte Halef, spuckte eine Ladung Blut auf den Boden und ging. Er packte Lamina an der Hand und zog sie mit sich. Als er kurz vor der Jurtentür war, pfiff er erst nach seinen Hunden.

Die Hunde ließen nach dem Pfiff sofort von Kel ab und seine Brüder ritten in den Fluss, um ihn heraus zu fischen. Ziska lief ins Wasser, bückte sich und zog den Dolch aus dem Wasser und rannte auf Kel zu. ‚Kel, du schwarzes Schaf, deine Schmerzensschreie werden noch bis zum Vollmond jede Nacht erklingen, dann erst wird die weiße Hure über den Fluss kommen und dich heilen. Du wirst es erdulden müssen von einer Hure geheilt zu werden und du wirst jede darauffolgenden Nacht schreiend aus deinen Träumen erwachen, weil dich mein Gesicht verfolgen wird, jedes Mal wenn du die Augen schließt.‘ Sie spuckte ins Wasser, lachte schrecklich und watete weiter auf Kel zu. Dann schnitt sie sich in den Arm und bespritzte ihn mit ihrem Blut. Zu guter Letzt beschmierte sie sich selbst mit ihrem Blut voll und schrie lachend, wie eine Wahnsinnige, genauso lange, bis der Wahnsinn auf Kel übersprang. Kel schrie und seine Augen traten hervor. Sie zwinkerte Elger zu, der sein Pferd langsam an ihr vorbei durch den Fluss leitete, dann tauchte sie unter und schwamm ans Ufer zurück. Als sie aus dem Wasser kam, konnte sie gerade noch sehen, wie Halef vor der Jurte zusammenbrach. Wena kam angerannt und schrie: ‚Und was ist mit den Kindern?‘

Elger drehte sich nochmal um und blickte seine Schwester an und rief: ‚Ich schick dir die Frauen, geliebte Schwester!‘ Er lächelte tatsächlich und preschte zu den Khansjurten hinüber. Seinen Brüdern überließ er den schreienden Kel zurück zu bringen.

‚Was war denn überhaupt los?‘ fragte Wena und blickte in die Runde, während Ziska schon wieder nach oben rennen wollte. Otar blickte seine Frau ernst an und schüttelte den Kopf. Ainur übernahm das Wort. ‚Ich gebe nur die Worte wieder, die ich eben aus dem Munde des Kel hörte: Eine Sippe voller Huren hast du da, Halef Hurensohn!‘

‚Ich habe Mutter immer davor gewarnt, ihn zu sehr zu verhätscheln. Sie hätte ihn doch nach seiner Geburt den Hunden zum Fraß geben sollen und an seiner statt die Nachgeburt aufziehen.‘ meinte sie, spie dreimal auf den Boden und ging wieder hoch zu den Kindern.

‚Langsam gefällts mir hier, Kejnen.‘ meinte Ainur grinste dreckig und nahm Vira in den Arm.

‚Das Mädchen hat wirklich einen sehr beeindruckenden rechten Aufwärtsschlag!‘ meinte Kejnen und humpelte los.

‚Der Fluch von Ziska war auch sehr beeindruckend, ich habs ihr fast geglaubt.‘ meinte Vira und schüttelte den Kopf. ‚Die weiße Hure kommt über den Fluss…zzz… und das in der Trauerzeit!‘

‚Und ich dachte ich wäre der Verrückte hier.‘ rief Otar und eilte seiner Frau hinterher.

‚Nein, lieber Otar, verrückt sind wir alle, manchmal mehr und manchmal weniger!‘ meinte Vira und lief auch zu den Jurten hoch.

‚Kejnen, ob es auffällt, wenn wir einfach abhauen, ich will mein Ohr an der Khansjurte reiben und Mäuschen spielen.‘

‚Den Khan wird man bis über den Fluss hören, wenn er das erfährt.‘ rief Otar laut, so dass es jeder am Hof hören könnte.

Währenddessen vor der Jurte. Als Halef nach seinen Hunden gepfiffen hatte, musste er sich schon gegen den Türrahmen stützen. Ihm war schwindlig und er hatte das Gefühl als würden kleine Vöglein um seinen Kopf schwirren.

‚Du musst sie belohnen, wenn sie kommen!‘ stammelte er undlies sich am Türrahmen herab gleiten. Er setzte sich mit letzter Kraft auf die Türschwelle. Sein ganzer Körper zitterte und er hatte seine Beine nicht mehr unter Kontrolle. Lamina schaute ihn einfach nur an und schüttelte den Kopf. ‚Komm steh wieder auf. Ich bring dich rein, du bist pitschnass.‘ Als sie ihm hoch helfen wollte, stürzte er ihr entgegen und stammelte: ‚Ein schlagfertiges Weibchen hab ich da gefunden für mein Rudel.‘

‚Du redest wirres Zeug, mein Lieber!‘ flüsterte sie und versuchte ihn festzuhalten und nicht unter seinem Gewicht zusammen zu brechen.

Er war aber so nass und glitschig, dass sie ihn nicht halten konnte und er fiel einfach kerzengerade um. Die Hunde waren bereits angekommen und leckten an seinen Händen.

‚Brav, das hab ihr gut gemacht.‘ sabbelte er, während Lamina ihn umzudrehen versuchte. Alur kam angelaufen und half Lamina Halef in die Jurte zu zerren. Ziska war auch schon bei ihnen angekommen, Wasser und Blut tropfte von ihrem Kleid. Sie rief dem jungen Alur zu: ‚Junge, wirf noch ein paar Scheite ins Feuer. Lauf dann zu deiner Mutter, ich brauch heißes Wasser. Oder heißen Tee, oder beides.‘ Dann half sie Lamina dabei ihn aufs Bett zu hieven. ‚Zieh ihm die nassen Sachen aus, ich muss mir erst mal selber was Trockenes anziehen.‘

‚Du kannst mich nicht ausziehen, ich trauere noch.‘ lallte Halef und wehrte sich gegen Laminas Versuche, ihm die nassen Sachen auszuziehen.

Ziska versuchte sich gerade aus ihrem nassen Unterkleid zu zwängen und rief durch den nassen Stoff. ‚Wie oft hast du ihm gestern auf den Kopf geschlagen?‘

‚Zweimal, wieso?‘

Nun konnte man Ziska nur noch fluchen hören. Sie hatte sich in ihrem nassen Kleid verklemmt.

Lamina lies Halef los, wickelte ihn trotz seinen nassen Klamotten in eine Decke und lies ihn auf dem Bett liegen.

‚Verlass mich nicht, Lamina! Bitte!‘ jammerte er.

Vira öffnete die Tür und hatte eine Kanne mit Tee in der Hand und zwei Becher unter den Arm geklemmt. Ihr bot sich wirklich ein seltsames Bild. Ziska steckte im Kleid fest und Lamina versuchte ihr aus dem Kleid zu helfen, während ihr Sohn gerade vom Bett gefallen war und auf Knien darum bettelte, das Lamina ihn nicht verlassen durfte. ‚Was treib ihr denn hier?‘

‚Hilf mir lieber!‘ rief Ziska, die immer noch im Kleid feststeckte.

Sie stellte die Kanne und Becher ab, half ihrem Sohn sich wieder aufzusetzen und zog ihm die nasse Tunika aus. ‚Zieh die Bruche aus, Junge!‘

‚Ich kann mich nicht vor ihr ausziehen, ich trauere noch!‘

‚Mach doch was du willst und jammere nicht wenn du dich verkühlst. Das tut dir mehr weh, als mir, mein Sohn!‘

Mit zitternden Fingern nestelte er an seiner Hose herum und versuchte sich weiter auszuziehen. Vira war bereits dabei Lamina zur Hand zu gehen. ‚Warum musst du denn auch immer so enge Kleider tragen?‘ rief Vira.

‚Weil ich sonst fett aussehe!‘ rief Ziska.

‚Du bist nicht fett, du bist ein Klappergestell mit riesigen Brüsten. Irgendwann brichst du einfach in der Mitte durch, wenn du nicht mehr isst.‘ zeterte Vira weiter, griff ihr dabei an die Brust und schon war Ziska von ihrem Kleid befreit. Lamina hatte bereits ein Tuch geholt und wickelte sie hinein.

Halef saß mit gesenktem Kopf noch immer an der Bettkante. Blut tropfte wieder aus seiner Nase. Lamina konnte ihn schwanken sehen. Bevor er wieder vom Bett stürzte, fing sie ihn auf und legte ihn aufs Bett. Mittlerweile war er so benommen, dass er sich auch nicht mehr dagegen wehrte und sie konnte ihm die nasse Bruche ausziehen. Sie versuchte gleichzeitig ihm ein sauberes Tuch unter die Nase zu halten und ihn irgendwie zuzudecken. Doch er drehte sich auf die Seite, klemmte die Decke zwischen seine Beine und wurde bewusstlos.

Ziska stand schon neben ihr und blickte sie milde an. ‚Lamina hol schon mal nen Eimer und Vira hast du noch ein paar trockene Decken, hier ist alles nass?‘

Lamina lief aus der Jurte und Ziska öffnete ihm wieder die Augen und blickte hinein. Mit einem Seufzen auf den Lippen, rieb sie ihre Hände, atmete tief durch und berührte seinen Kopf. Er bäumte sich auf und begann zu würgen. Lamina hörte die Würgegeräusche und eilte mit dem Eimer in der Hand wieder in die Jurte.

Und im nächsten Moment hatte sie ihm kurzerhand den Eimer unter den Kopf geschoben und er spie eine Ladung Wasser hervor. Zitternd umklammerte er den Eimer und würgte, während Lamina ihm seine Haare aus dem Gesicht strich, damit sie nicht in den Eimer hingen. Irgendwann brach er zusammen und der Eimer glitt ihm aus der Hand. Lamina stellte ihn neben das Bett und wischt ihm den Mund ab. Schon schreckte er wieder hoch und klammerte sich panisch an Lamina fest.

‚Schon gut, wir sind ja alle da!‘ flüstere sie und grinste beschämt. Ihm war die Decke nun gänzlich vom Körper gerutscht. Liebevoll zog sie langsam die nasse Decke über seinen zitternden Körper.

‚Es tut mir leid, ich will dir nicht zu Nahe treten!‘ meinte er und versuchte sich ebenfalls krampfhaft zuzudecken.

‚Ist schon gut, beruhige dich erst mal.‘ flüsterte sie heiser. Sein Körper bebte unter ihr und er krümmte sich und begann wieder zu würgen.

‚Da kann doch schon gar nichts mehr drin sein?‘ meinte Lamina zu ihm und streichelte ihm über den Nacken.

‚Es hat aufgehört zu bluten!‘ meinte Ziska kurz und ging zum Feuer und zündete irgendetwas an. Vira brachte ein paar Decken und verschwand gleich wieder. ‚Tut mir leid, ich kann anderen Menschen einfach nicht beim Kotzen zusehen, ohne selbst…!‘ Sie beendete den Satz mit einem Würgen und ging rücklings aus der Jurte.

‚Lamina halt mal die Luft an!‘ rief Ziska und kam mit etwas Rauchenden wieder zum Bett getreten. Lamina hatte gerade die beiden Decken genommen und wollte ihn zudecken. Selbst die Luft anhaltend wedelte Ziska den Rauch in sein Gesicht. Langsam beruhigte sich sein Körper und er glitt in einen ruhigen Schlaf über.

Published in: on 7. November 2012 at 22:12  Kommentar verfassen  
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Drei und eine Axt – Teil 20

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 20

Indes saßen die Anderen stumm am Tisch. Das Essen war vorbei und der Khan und seine Leute waren bereits wieder gegangen, nur die Kinder schliefen alle in der Jurte von Otar und Wena. Otar wiegte apathisch vor und zurück, schob aber scheinbar völlig klar seinen Weinbecher zu Wena hinüber, er wollte nichts Berauschendes trinken. Ziska grinste in sich hinein. Nur sie wusste, warum er keinen Wein wollte.

Vira war den ganzen Abend wieder sehr ruhig gewesen. Ainur wich ihr nicht mehr von der Seite, er befürchtete, dass sie jeden Moment zusammenbrechen könnte. Irgendwann musste er sich jedoch erleichtern und ging zum Abtritt. Vira stand lautlos auf und ging in die Jurte. Dort stürzte sie auf ihre Bettstatt und zog sich eine Decke über den Kopf.

Als Ainur zurück kam, sah er dass sie nicht mehr am Tisch saß und ging schnurstracks in die Jurte, um nach ihr zu sehen. Drinnen erblickte er nur ein zitterndes Knäuel unter einer Decke. Leise schlich er in die Jurte, legte genug Holz nach, ging dann zum Fußende und kniete sich nieder. Sie hatte sich nicht mal die Schuhe ausgezogen. Als er ihre Füße berührte, zuckte sie zurück. Dessen ungeachtet zog er ihr einen Schuh nach dem Anderen aus. Dann deckte er ihre Füße zu und legte noch eines seiner Felle um ihre Beine. Er setzte sich neben sie und strich über ihren bedeckten Körper. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis sie sich unter ihrer Decke regte. Ihre Hand suchte nach seiner Hand.

‚Darf ich dir morgen ein Bett bauen?‘ flüsterte er.

Sie drehte sich um, legte ihren Kopf in seinen Schoß und versuchte seine Taille zu umklammern. Ihre Arme waren zu kurz, oder sein Körper zu mächtig. Die Decke war ihr vom zitternden Körper gerutscht. Er deckte sie liebevoll zu. Sie schluchzte. Er hätte besser den Mund halten sollen.

‚Ich bleibe doch so lange, wie du mich brauchst…ich möchte aber trotzdem nicht, dass du im Winter auf dem Boden schlafen musst.‘

Sie schluchzte noch mehr. Er strich ihr die Haare glatt und hielt jetzt besser den Mund. Egal was er sagen würde, er konnte sie wohl nicht so wirklich beruhigen.

Nach einer langen Zeit hatte sie sich einigermaßen beruhigt und sie lag völlig erschöpft mit dem Gesicht auf seinem Schoß. Er wollte sich zu ihr legen, er musste aber seine Schuhe noch ausziehen. Behutsam versuchte er sie von seinem Schoß zu heben, sie klammerte sich an ihn, als würde ihr Leben davon abhängen.

‚Darf ich meine Schuhe ausziehen?‘

Sie schnellte hoch, blickte ihn kurz an und kroch wieder ans Kopfende zurück. Er zog sich seine Schuhe, Tunika und seine Hose aus, so dass er nur noch eine Bruche trug. Dann kroch er zu ihr unter die Decken.

Als Halef und Lamina zurückkehrten, saß Kejnen auf seinem Stuhl und Ziska saß auf seinem Schoß und schlief mit dem Kopf an seiner Schulter gelehnt. Er hielt sie liebevoll in seinen Armen. Kejnen schreckte hoch, als die Beiden sich vorbei schlichen. Halef blickte ihn an, er versuchte zu lächeln, es gelang ihm nicht wirklich. Kejnen nickte ihm nur zu und versuchte erst gar nicht erst zu lächeln. Halef brachte Lamina ins Bett. Sie verkroch sich gleich unter den Decken. Er ging zu seiner Mutter hinüber, die soeben aufgeschreckt war. Er nickte ihr zu, sie erwiderte das Nicken. Beide versuchten zu lächeln, es gelang ihnen beiden aber nicht. Er legte noch ein paar Stücke Holz in die Glut, zog dann seine schlammige Hose aus und kroch zu Lamina ins Bett. Er wagte es nicht unter ihre Decke zu kriechen, unter der sie sich verkrochen hatte. Sie zitterte, schlief aber bereits. Sie war wohl mehr mitgenommen von allem, als sie zugab und er, er wusste einfach gar nichts mehr. Sein Gesicht tat ihm weh und sein Herz. Mit der Hand an seiner Brust fiel er in einen unruhigen Schlaf.

Kejnen war auf seinem Stuhl wieder eingeknickt und erwachte erst wieder, als er von seinem eigenen Zähneklappern aufwachte. Er hob Ziska auf und trug sie humpelnd in die Jurte. Sein Knie schmerzte, er war froh, als er am Bett angekommen war und sie ablegen konnte. Er lies sich schwerfällig aufs Bett sacken und rieb sein Knie. Er hatte kaum mehr die Kraft sich selbst zu entkleiden. Völlig erschöpft legte er sich neben Ziska und deckte sich halbscharrig zu. Sie wurde wach und drehte sich zu ihm. Er atmete schwer neben ihr. Sie strich ihm übers Gesicht und küsste ihn. Dann kroch sie kopfüber unter seine Decke und wühlte sich bis zu seinem Knie vor, um es zu küssen. Dann rieb sie ihre Hände und legte sie auf sein Knie. Sein Körper bebte. Nach Vollendung ihrer Heilung brach sie über seinem Knie zusammen. Nachdem sich das Kribbeln in seinem Bein verzogen hatte und er seinen Körper wieder so halbwegs unter Kontrolle hatte, zog er sie zu sich hoch und deckte sie beide so gut es eben ging zu.

Halef schreckte in der Nacht hoch, die Hand auf seine Brust gepresst, blickte er sich um. Erst kam der Schmerz und dann bemerkte er, das Lamina im Schlaf wimmernd um sich schlug. Beruhigende Laute kamen ihm ganz automatisch aus seiner Kehle. Mit zitternden Fingern versuchte er im Dunkeln ihre Hände zu finden. Sie wehrte sich im Traum gegen jemanden. Er griff nach ihrer Hand und wollte sie beruhigen. Ein Schlag in sein Gesicht warf ihn auf sein Fell zurück. Als sein Blut seine Kehle hinunter floss, schreckte er auf und dem Ersticken nahe versuchte er Luft in seine Lungen zu saugen. Er verschluckte sich an seinem eigenen Blut. In einem erstickenden Hustenanfall drehte er sich aus dem Bett und fiel auf die Knie. Im Schein der Glut erkannte er, dass Blut von seinem Gesicht auf den Teppich tropfte. Als er sich aus Reflex an seine Nase griff, konnte er seine Schmerzen besser zuordnen. Sie hatte ihm gerade die Nase gebrochen. Ein erschrockenes, tränenüberströmtes Gesicht tauchte an der Bettkante auf.

Halef aber sprang auf und rannte röchelnd aus der Jurte. Sie blieb völlig verängstigt auf dem Bett sitzend in der Jurte zurück. Wenig später kam er wieder, er hatte ein feuchtes Tuch um seinen Nacken gelegt und ein blutiges Tuch an seine Nase gepresst. Erschöpft lies er sich aufs Bett fallen und blieb in gebeugter Haltung an der Bettkante sitzen. Sie saß immer noch reglos auf dem Bett und reagierte scheinbar nicht. Doch liefen ihr Tränen die Wangen herab, als sie den Rotz hochzog, schreckte sie scheinbar von ihrem eigenen Geräusch aus ihrer Starre.

‚Es tut mir so leid!‘ schluchzte sie. Nun reagierte er scheinbar nicht, ihm sauste der Kopf und als er aufblickte, sah er Sterne um seinen Kopf fliegen. Mit einen leichten Schwindelgefühl in der Magengegend versuchte er sich zu ihr umzudrehen. Sie blickte ihn an und traute sich nicht recht ihn in den Arm zu nehmen. In der Drehung wurde es ihm schwarz vor den Augen, er stützte sich reflexartig mit einem Arm ab. Dieser knickte aber aufgrund seiner nahenden Ohnmacht ein und er stürzte ihr in den Schoß. Beim Sturz nach hinten verlor er beide Tücher. Sie hob erst das feuchte, kalte Tuch und legte es ihm behutsam in den Nacken, dann strich sie liebevoll sein Haar zurück und tupfte das Blut von seiner Nase. Sein hübsches Gesicht sah ziemlich lädiert und geschwollen aus. Mittlerweile waren beide Augen blutunterlaufen und zugeschwollen.

Er blinzelte flüchtig, dann griff er sich wieder ans Herz und atmete tief ein. Dann riss er die Augen auf, um sie gleich wieder zu verdrehen.

‚Halef, nicht wieder fortgehen! Bleib bei mir.‘ flüsterte sie.

Sie versuchte, so vorsichtig wie möglich, ihm gegen die Wangen zu klopfen. Seine Sinne sammelten sich wieder, er griff nach ihre Hand, führte sie an seiner geschwollenen Nase vorbei. Um sie zu küssen.

‚Halt mich fest. Bei mir dreht sich alles!‘ säuselte er.

‚Ja tue ich, ich halt dich doch!‘ sagte sie leise und klammerte sich dann fester an seinen Körper.

Er atmete schwer und griff sich wieder an seine Brust. ‚Wenn du nicht bei mir liegst, dann schmerzt mir das Herz.‘

Irgendwas an seinen Worten sagte ihr, dass es sich nicht um eine Liebesfloskel handelte, sondern dass ihm tatsächlich sein Herz schmerzte. Eine ihrer Hände fuhr unter seine Tunika und sie strich ihm über die Brust.

‚Ich träume schreckliche Dinge, wenn du nicht bei mir liegst!‘ flüsterte sie.

Am nächsten Morgen, erwachte er nur kurz, als er ein nasses Tuch auf sein Gesicht gelegt bekam. Er sah fürchterlich aus. Ziska wurde wach und blickte unter das Tuch. Dann zog sie ihm beide Augen auf und blickte hinein. Sie richtete ihm die Nase und heilte ihn. Dann schwankte sie nach draußen. Da saß Lamina, das Frühstück war schon fertig, die Tiere gemolken und sie saß ziemlich apathisch am Tisch. Ziska musste ihr jedes Wörtchen aus der Nase ziehen, konnte sie aber am Ende beruhigen. Schließlich hatte sie ihn gerade ein bisschen geheilt. So viel es eben ging, der letzte Tag hatte ihr sehr viel abverlangt und jetzt musste sie auch noch hoch zu den Ahnen.

Wena und einige der Kinder kamen aus der Jurte und deshalb nahm Ziska Lamina mit auf den Berg. Die Hunde liefen ihnen nach. So war es Wena die, auf Geheiß von Ziska, Halef etwas Kaltes zu trinken brachte. Sie wechselte den blutigen Lumpen auf seinem Gesicht, gegen einen Frischen und lies ihn weiter schlafen.

Kejnen wurde wach und blickte im Vorbeihumpeln unter den Lumpen. Er stöhnte sichtlich bestürzt und humpelte nach draußen. Beim Frühstück wurde er von den Kinder solange bedrängt, bis er ihnen eine Geschichte erzählte. Und noch eine.

Ainur wurde wach, er lies Vira schlafen, blickte auch unter den Lumpen und drehte Halef auf die Seite. Halef wimmerte und davon wurde Vira wach.

Als Ainur vor die Jurte trat, blickte er fragend in die Runde. Wena zuckte mit den Schultern und rief: ‚Ziska hat nur gesagt, ich soll mich um ihn kümmern und ist mit Lamina zu den Ahnen gegangen.‘

Nach einer Weile kam Vira aus der Jurte getreten und grinste: ‚Lamina hat im Schlaf wohl einen ziemlich kräftigen Schlag.‘

‚Und was ist mit dem Fußabdruck auf seiner Stirn?‘ fragte Ainur und blickte dabei in die Runde.

‚Den hab ich auch verdient!‘ kam es vom Bett her und Halef hustete wieder.

Wenig später kam er auf allen Vieren aus der Jurte gekrochen und schaffte es gerade noch so weit, um sich vor der Jurte zu übergeben. Vira sprang auf die Seite und hielt sich den Magen, sie war drauf und dran daneben zu kotzen. Sie taumelte nach Hinten und Ainur drehte ihren Stuhl so hin, dass sie sich setzen konnte. Dann griff er sich den Jungen und brachte ihn zum Fluss. Kejnen grinste nur und meinte zu Vira, die Anstalten machte hinterher zu eilen. ‚Lass nur Vira, Ainur kennt sich hervorragend mit Schlägereien aus und wie man danach wieder auf die Beine kommt.‘

Nach einer Weile kamen Lamina und Ziska wieder vom Berg zurück und Ainur winkte ihnen vom Fluss her zu. ‚Lamina, da möchte dich jemand sprechen!‘

Lamina lief zum Fluss und erblickte Halef, der im Schatten eines der großen Steine saß. Ein paar nasse und blutige Lumpen lagen neben ihm. ‚Soll ich nicht besser Ziska Bescheid geben!‘ fragte Lamina. Doch Ainur winkte ab, meinte noch: ‚Wir haben noch viel zu tun! Bring ihn hoch, wenn es ihm besser geht!‘ Und schon hatte er sich umgedreht und lief wieder zu den Jurten hoch. Sie wusch erst mal die Lumpen aus, bevor sie sich vor ihn kniete.

‚Es geht schon wieder. Versuch grad mal nicht zu kotzen.‘ flüsterte Halef keuchend und hielt ihr zitternd eine Hand entgegen.

Sie wische sein Gesicht ab und blickte ihn mit Tränen in den Augen an. ‚Es tut mir so leid!‘ wimmerte sie. Er nahm sie kraftlos in den Arm, die üblichen beruhigenden Laute hörten sich leicht gurgelnd an.

Als Ainur zu den Jurten eilte, wand er sich nochmal um und sah wie die Männer des Khan angeritten kamen und die Totenwache ihnen entgegen ritten. Die Männer hatten wohl einen anderen Weg vom Berg hinunter genommen, als Lamina und Ziska. Die Söhne des Khan wollten wohl die Kinder holen.

‚Der Sippenführer kann uns auf Grund seiner Unpässlichkeit leider nicht helfen, begrüßt aber mein Vorhaben.‘ meinte Ainur und keiner Verstand, was er eigentlich wollte. Nur Kejnen stand auf und humpelte an die Seite seines Freundes. ‚Kejnen und ich haben da noch eine Jurtenhaut und ein paar Jurtenstangen übrig und ich habe mir erlaubt ein weiteres Scherengitter, eine Tür, ein paar Bodenbohlen und ein Dachkreuz zu bauen. Ich hoffe unsere flinke Lamina schafft es, an einem Tag das Dach zu reparieren. Ihr werdet euch schon gewundert haben, was wir immer hinter der Jurte zu schaffen hatten, als Halef und Ziska nicht da waren.‘

Er blickte immer noch in ratlose Gesichter. ‚Kejnen, erklär du es ihnen!‘ rief er und eilte hinter die Jurte, wo er Stämme zum Trocknen aufgestapelt hatte.

‚Vira hatte mich beauftragt zur Zusammenkunft zu reiten, um unter anderem eine Jurtenhaut zu kaufen und der werte Khan hat uns ein paar Filzmatten überlassen. Lamina brachte uns darauf, dass man die alte Haut doch nur flicken müsste. Deswegen wollten wir dem Sippenführer heute seine erste eigene Jurte bauen. Und wenn wir sie genau hier aufstellen, müssen wir nicht immer im Zug sitzen, beim Essen!‘

‚Und beim Kochen!‘ rief Wena begeistert.

‚Oh, die Jurtenhaut hab ich ganz vergessen!‘ meinte Vira, stützte sie Arme auf der Lehne auf und lies nachdenklich den Kopf auf Hände sinken. Wena schob ihr eine Kanne Tee rüber und lächelte sie an.

Otar stand lächelnd auf und meinte: ‚Aber morgen bauen wir zwei Betten!‘

‚Auf dein Wort!‘ rief Ainur, der mit einem Stapel Stangen im Arm hinter der Jurte hervor kam. Er blickte Vira entgegen, die irgendwann herzlich zu lächeln begann.

Published in: on 6. November 2012 at 20:06  Kommentar verfassen  
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Drei und eine Axt – Teil 19

Eine Axtgeschichte – Drei und eine Axt – Teil 19

Bis auf die Totenwache versammelten sich alle wieder unten auf dem Hof. Die Töchter des Khan bereiteten Essen für alle und die Männer brachten ein paar Tische und Bänke aus der Khansjurte über den Fluss. Otar und Wena wuschen sich und die Kinder. Und alle Kinder wurden wieder in die Jurte gebracht, sie bekamen zu essen und diesmal war es Orsolya, die ihnen eine Geschichte erzählte. Halef wurden von den Söhnen des Khan zum Fluss gebracht. Es waren Laken am Ufer entlang gespannt worden, damit keiner sah, was hinter den Laken geschah. Sie nahmen den Ritus der Waschungen sehr ernst, schafften es aber nicht ihre Klappe zu halten.

‚Halef als Sippenoberhaupt. Und dann gleich eine Frau. Da wird es in der Jurte heute aber heiß her gehen.‘ meinte Kel, der Jüngste der Khanssöhne. Er war kaum älter als Halef, hatte aber eine riesige Klappe.

Halef schwieg und musste ernsthaft an sich halten, um nicht auszurasten.

‚Aber wenn sie schon zugeritten ist, macht sie dir wenigstens keinen Ärger.‘ lachte Kel. Elger haute seinem Bruder von hinten auf den Kopf. Doch Kel hustete so, dass es sich wie das Wort ‚Hure!‘ anhörte.

Ziska stürmte durch das Laken und blickte sie unwirsch an.

‚Die Trauerzeit gilt nicht nur für seine Mutter und Ainur.‘ meinte die weiße Hexe und unterbrach das Geplapper. ‚Und Kel, wenn du nicht willst, dass Dich der Fluch der Ahnen trifft, dann hör auf von solchen Schweinereien zu reden! Und wenn du nicht willst, dass dich mein Fluch trifft, dann verschwinde aus meinen Augen.‘

Lamina trat vor das Laken, sie hatte einen Stapel mit Kleidern im Arm und legte sie auf den Boden. Halef sah, dass sie wütend war. Sie atmete tief durch und meinte: ‚Dem letzten Mann, der mich unerlaubt nahm, habe ich den Schwanz abgeschnitten, daran ist er langsam verblutet und damit er nicht so schreit, habe ich ihn damit das Maul gestopft.‘ Schamesröte war ihr ins Gesicht gestiegen und doch blickte sie wütend in die Runde. Als sie eine Augenbraue hob, rief Halef: ‚Lamina, gib den Knochen wieder, wenn es einer von euch drauf ankommen lassen will, noch trauere ich!‘

Die Männer gingen hastig in alle Richtungen davon und Lamina hielt Halef verstohlen ein Handtuch hin. Seine Wangen waren roter als die Ihren, als er sich das Tuch um die Hüften wickelte. ‚Der Knochen liegt unter meinem Kopfkissen, wenn du ihn nimmst, strafen dich deine Ahnen, nicht meine.‘

‚Tante Ziska, sie macht mir Angst!‘

‚Jetzt schon?‘ meinte sie fast beiläufig und zog ihr Kleid aus.

‚Küsst du mich jetzt, ich bin sauber!‘

‚Ich kann dich nicht küssen, wenn du nichts an hast, du trauerst.‘

‚Ich hab ein Handtuch an!‘

‚Jetzt küsst euch schon, ich schau auch nicht hin.‘ meinte Ziska und ging ins Wasser.

Sie küssten sich und er verschwand hastig. Er durfte eigentlich nicht hier sein, während sich die weiße Hexe wusch. Langsam wurde es ihm echt zu viel.

Lamina entkleidete sich und ging ins Wasser. Ziska fragte neugierig: ‚Ist das wahr?‘

Zurecht ertappt, lächelte Lamina gezwungen. ‚Ich habe einen abgebrochenen Dolch benutzt!‘ Sie stockte kurz und schluckte schwer. ‚Ich hab dem Bruder vom Sklaventreiber die Eier abgeschnitten und sie seinen Kötern zum Fressen gegeben. Das war auch ein Grund, warum sie mich so zugerichtet haben.‘

‚Was besseres wäre mir aber auch nicht eingefallen!‘ meinte Ziska und wusch Lamina den Rücken.

‚Wie, den Männern die Geschichte erzählen, oder…?‘

‚Beides, Lamina, beides! Ich war damals nicht so schlau, als ich bei den Barbaren gefangen war.‘

‚Ich habs bitter bereut, als er an seinen Verletzungen gestorben ist und sein Bruder mich halb tot geprügelt hatte.‘ meinte Lamina und drehte sich blitzschnell um, als sie im Augenwinkel einen Schatten am Laken erblickte.

‚Könnt ihr euch beeilen, ich rieche nach dem Erbrochenen der weißen Hexe!‘ rief Kejnen.

‚Ja, sind gleich soweit.‘ riefen beide.

Lamina ging aus dem Wasser und zog sich rasch an, als sie durch die Laken schritt, stand Kejnen immer noch da. Als sie oben angekommen war, sah sie gerade noch, wie Halef sich in Richtung Wald davon machte. Er hatte sogar seine Hunde zurück gelassen. Sie aß rasch etwas, schnappte sich ein Wolltuch, wickelte es sich um ihre Schulter und folgte ihm mit seinen Hunden. Sie hatte ein mulmiges Gefühl allein im Wald zu sein, obwohl die Hunde bei ihr waren. Irgendwann fand sie ihn, wie er auf einer kleinen Lichtung kniete und nach oben starrte. Die letzten Sonnenstrahlen kamen durch die Baumkronen, strahlten ihm ins Gesicht und trockneten seine Tränen. Die Hunde blieben am Rande der Lichtung zurück, während Lamina ihm entgegen ging und vor ihm stehenblieb. Von ihm kam keine Reaktion. Sie griff ihm vorsichtig an den Schultern und nahm ihn dann nach einer Weile in die Arme. Er starrte mit leeren Blick durch sie hindurch. Es dauerte lange, bis er sich regte und sie endlich anblickte. Tränen liefen ihm über die Wangen, dann schlang er seine Arme um ihre Hüften und fing an zu schluchzen. Sie strich ihm übers Haar, er drückte sein Gesicht gegen ihren Bauch und heulte in ihre Tunika. Sie glitt langsam zu ihm herab, sein Kopf lag nun auf ihren Brüsten. Sie strich ihm sein Haar zurück, während er sich immer noch an sie klammerte. Sie lehnte ihren Kopf auf den Seinen. Irgendwann blickte er auf. Über ihm schien nur das in die letzten Sonnenstrahlen getauchten Haar dieses unglaublichen Mädchens. Sie schüttelte ihre Haare aus dem Gesicht und küsste ihn sachte. Er erwiderte den Kuss. Sie zuckte ein Wenig zurück, er hielt sie aber fest und küsste sie erneut, nur gieriger. Sie versuchte sich von seinem Mund zu lösen, als er noch einmal nach fasste, um ihr seine Zunge in den Mund zu schieben. Sie biss vor Schreck zu, riss sich los und stürzte rücklings über den moosigen Waldboden. Mit weit aufgerissenen Augen kroch sie weiter von ihm weg. In dem Moment begriff er erst, dass er zu weit gegangen war, er stürzte ihr hinterher.

‚Es tut mir leid, ich… ich…‘ seine Reaktion verängstigte sie nur noch viel mehr. Sie kroch weiter bis sie mit dem Rücken gegen einen Baum stieß. Leicht panisch kroch er hastiger ihr hinterher, er wollte sie ja nur beruhigen.

Der Ausdruck in ihrem Gesicht hätte ihm allerdings erkennen lassen müssen, dass sie nur noch mehr verängstigt war und eigentlich nur vor ihm flüchten wollte. Er berührte hastig ihren Fuß und umfasste ihren Knöchel. Sie zuckte zurück, und als er nochmal nach fassen wollte, strampelte sie wie verrückt. Ein heftiger Tritt ihres Fußes in sein Gesicht lies ihn zurück taumeln. Er war einen Moment lang benommen. Als er wieder ansetzte sich ihr zu nähern, gingen seine eigenen Hunde dazwischen und knurrten ihn an.

‚Sagt mal, geht’s noch! Ich will…‘ Die Hunde fletschten die Zähne. Nun begriff er. ‚Lamina, bitte, ich wollte …ich will dir doch nichts tun, es tut mir leid!‘

Sie klammerte sich an einen der beiden Hunde und schaute ihn ebenso verwirrt durch einen Tränenschleier hinaus an, wie er entsetzt und verwirrt zurück blickte.

‚Ich wollte dir doch bestimmt nicht zu Nahe treten, auch wenn ich es gerade getan habe.‘

Plötzlich stand er auf, lies die Schultern hängen und war im Begriff sich umzudrehen und zu gehen.

‚Bitte geh nicht…!‘ stotterte sie. Er hatte sich schon umgewandt und war schon ein paar Schritte weiter, als er wie auf ihr Kommando stehenblieb.

Sie wiederholte noch einmal. ‚Bitte geh nicht…! Ich finde ohne dich im Dunkeln nie wieder zurück!‘

Er blickte über seine Schulter, sie hatte sich kniend aufgerichtet und sich das Schultertuch wieder über den offenen Klappenmantel gezogen.

Immer noch von ihr abgewandt sprach er nur so laut, dass sie ihn gerade noch verstehen konnte.

‚Ich bin so verwirrt, ich trauere um einen Mann, der gar nicht mein Vater war, aber einen besseren Vater hätte ich gar nie haben können, wenn er sich uns nicht angenommen hätte…!‘ Seine Stimme brach, er fing sich aber gleich wieder. ‚Und als sie einfach in den Krieg gezogen sind, haben sie mich hier zurück gelassen. Ich wäre jetzt der Mann am Hof! Das war vor vier Jahren! Und jetzt bin ich auch noch der Sippenführer.‘

Es wirkte so, als würde er gar nicht mit ihr reden, sondern mit jemanden, der gar nicht da war. Dann drehte er sich wieder zu ihr um. Sie kniete immer noch am Boden, blickte ihn skeptisch und verwirrt zugleich an und hatte immer noch einen der Hunde ihm Arm.

‚Und dann kommst du in mein Leben gestolpert!‘ Er lächelte sanft und überglücklich zu gleich. ‚Und ich hab mich in deine Augen verliebt, als du mich das erste Mal angeblickt hattest. Und dann der heutige Tag, ich trauere, bin wütend und bin doch unglaublich glücklich.‘ Ihr liefen wieder Tränen über die Wangen und er fuhr fort. ‚Es tut mir leid, wenn ich dir zu Nahe getreten bin, ich wollte es nicht so…ähm…!‘ Er stürzte wieder zu Boden. ‚Bitte…kann ich …lass mich dich…!‘ Die Hunden wichen nicht zur Seite und knurrten wieder. Durch ihre tränenden Augen blickte sie ihn an und erkannte dass auch er weinte. Sie schob die Hunde auf die Seite und sie stützten sich beide in die Arme. Die Hunde blieben wachsam an ihrer Seite sitzen.

‚Es tut mir leid.‘ schluchzte er. ‚Verzeih mir.‘ Weinend kauerten sie auf dem Waldboden und hielten sich eng umschlungen fest. Irgendwann sackte er kraftlos nach hinten weg und sie stürzte ihm hinterher. Mit einen leichten Quietschen blieb sie auf ihm liegen. Die Hunde waren aufgesprungen und knurrten wieder. Lamina zischte ihnen zu und die Hunde verstummten.

‚Jetzt gehören dir auch noch meine Hunde.‘ flüsterte er wehmütig.

Sie strich ihm über die Blessur an der Stirn, die sie ihm vorhin mit dem Fuß verpasst hatte.

‚Mein Herz gehört dir bereits, aber lass mir bitte meine Hunde.‘ jammerte er, während ihm die Tränen von den Wangen tropften.

‚Nimm mein Herz dafür, mehr habe ich nicht zu geben.‘ flüsterte sie.

Er blickte sie wortlos an und traute sich aber nicht mehr sie zu küssen. Dann stotterte er: ‚Ich würde dich gerne küssen.‘

‚Ich will es ja auch, aber nicht so stürmisch… ja.‘ flüsterte sie.

Langsam kam sie ihm näher und fast unmerklich berührten sich ihre Lippen. Er zögere und zuckte schließlich zurück, sie setzte nach und drückte ihm einen festen Kuss auf seine Lippen. Den er, so vorsichtig es ihm auch möglich war, erwiderte. Als sich ihre Zungenspitzen berührten, schnellten sie wieder auseinander und rollten von einander weg und setzten sich wieder auf. Sie blickten sich noch verwirrter an. Die Hunde waren wieder aufgesprungen und wussten nun überhaupt nicht mehr was los war. Nun saßen sie nebeneinander auf dem feuchten Waldboden und blickten sich weiter an. Die Verwirrung verflog langsam.

‚Sei mir nicht mehr böse.‘ sagte er und unterbrach damit die Stille.

‚Wie kann ich dir denn böse sein, ich habe nur dich.‘

‚Ja und meine Hunde!‘ meinte er und rieb sich dabei den Kopf. Sie lehnte sich wieder zu ihm rüber. küsste sein Auge, dass mittlerweile blau anlief. Er zuckte zurück, da es ihm schmerzte.

‚Es tut mir leid, ich hab dich wirklich ganz schön erwischt.‘

‚Ich habs ja auch irgendwie verdient!‘

‚Nein, es tut mir echt leid! Ich, Ich… bin auch so verwirrt. Das war heute wirklich alles zu viel. Ich weiß ja dass du mir nichts böses willst.‘ stotterte sie und schluchzte wieder.

‚Ich bin nur froh, dass du mir nicht meine Hunde auf den Hals gehetzt hast.‘ sagte er ruhig und lächelte sie an. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und lehnte kurz darauf seinen Kopf gegen den ihren. Ihre Hand suchte die Seine. Es schauderte sie leicht, da ihr Tuch von ihren Schultern gerutscht war. Er löste sich von ihrer Hand, legte ihr behutsam das Tuch wieder über ihre Schultern und nahm sie in den Arm, um sie zu wärmen. Langsam sackte sie in seine Umarmung, bis er ebenfalls zu zittern begann.

‚Ist dir kalt?‘ fragte sie.

‚Nein, ich kann nur nicht mehr!‘

Sie lehnte sich noch mehr an ihn und er stürzte wieder nach hinten auf dem Boden. Sie folgte ihm auf den Boden und lehnte sich gegen seine Schulter. Sie lagen noch eine Weile da, blickten sich an, und küssten sich. Sie schauderte erneut.

‚Wir müssen langsam zurück, ich lieg schon eine ganze Weile in irgendetwas echt Nassen.‘

Sie nickte nur kurz und stand zittrig und ungeschickt auf. Er rappelte sich ebenfalls auf und putzte über seinen Hintern.

‚In etwas echt Schlammigen!‘ Er putzte seine Finger an seiner Hose ab und schaute sich dann um.

Es war bereits dunkel geworden. Als er los lief, klammerte sie sich ängstlich an seinen Arm. Die Hunde liefen voran und führten sie durch den dunklen Wald nach Hause.

Published in: on 4. November 2012 at 23:24  Kommentar verfassen  
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